Brüssel. Ein USB-Kabel für 25 Cent, Knopfbatterien für 40 Cent oder Bikinis für 1,65 Euro: Chinesische Onlinemarktplätze wie Temu und Aliexpress erleben einen Ansturm und werden bei Verbraucherinnen und Verbrauchern in Europa immer beliebter. Jeder vierte Deutsche hat schon einmal bei Temu eingekauft, rund 200.000 Temu-Pakete kommen per Direktimport allein nach Deutschland – jeden Tag.

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„Der boomende Onlinehandel zeigt die Grenzen des aktuellen europäischen Zollsystems: Immer mehr Produkte aus Drittstaaten, die nicht unseren Standards entsprechen, landen direkt bei europäischen Verbraucherinnen und Verbrauchern vor der Haustür“, sagte Anna Cavazzini (Grüne), dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Die Vorsitzende des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz verwies auf Studien, wonach 60 Prozent der Importe von Onlinemarktplätzen gegen EU-Regeln verstoßen.

EU will Zoll reformieren – um die Paketflut kontrollieren zu können

Besonders häufig ist Spielzeug betroffen, wie jüngst eine Untersuchung von 19 Spielzeugen durch den europäischen Spielwarenverband Toy Industries of Europe (TIE) zeigte. „Keines der Spielzeuge entsprach in vollem Umfang den EU-Vorschriften, 18 von ihnen stellen ein Sicherheitsrisiko für Kinder dar“, so der Verband.

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Mit der größten Zollreform seit 1968 und einer eigenen EU-Zollbehörde will das EU-Parlament an diesem Mittwoch gegen gefährliche Produkte aus China vorgehen. „Die Reform soll den Zoll für das Zeitalter des Onlineshoppings rüsten, um den Import schädlicher Waren zu stoppen“, sagte Cavazzini dem RND. Damit der Zoll die Päckchenflut in den Griff bekommt, sollen Sendungen vertrauenswürdiger chinesischer Lieferanten weitgehend ohne Kontrollen durchgewunken werden. Dafür müssen sich die chinesischen Importeure bewerben und unter anderem einen Strafregisterauszug ohne Eintrag und ein hohes Maß an Transparenz vorweisen. Die Pakete der vertrauenswürdigen Anbieter können dann vom Zoll schneller abgefertigt werden und die Zöllner haben mehr Zeit für die schwarzen Schafe. Die neu geschaffene EU-Zollbehörde soll Risikoanalysen durchführen und die nationalen Behörden unter anderem mit einer neuen Zolldatenplattform unterstützen.

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Dadurch könnten die nationalen Zollbehörden zum Beispiel erfahren, ob ein Händler bereits in einem anderen EU-Land auffällig geworden ist. Über diese EU-weite Plattform sollen Unternehmen auch ihre Ware beim Zoll anmelden können und sich nicht mehr mit unterschiedlichen nationalen Systemen auseinandersetzen müssen. Für viele EU-Staaten wäre dies wohl auch ein Digitalisierungsschub.

Auch der Spielzeugmarkt soll sicherer werden

Mit einer zweiten Richtlinie will das EU-Parlament den besonders betroffenen Spielzeugmarkt sicherer machen. Strengere Sicherheitsvorschriften sollen Kinder besser vor Spielzeug schützen, das ihre Gesundheit kurz- oder langfristig schädigen kann. „Wir werden nicht nur die Zahl der gefährlichen Spielzeuge in den Regalen der Geschäfte und den Onlinemarktplätzen reduzieren, sondern auch dafür sorgen, dass gefährliches Spielzeug schneller aufgespürt wird und auch schneller vom Markt genommen werden kann“, so Marion Walsmann (CDU), Berichterstatterin des Europäischen Parlaments für die Verordnung zur Spielzeugsicherheit. „Unsicheres Spielzeug, welches Kinder etwa aufgrund von krebserregenden oder den Hormonhaushalt beeinflussenden Chemikalien gefährdet, wird im europäischen Binnenmarkt verboten werden und damit gar nicht erst in Kinderhände gelangen“, sagte Walsmann dem RND.

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THE CANADIAN PRESS 2023-04-04. A person navigates the Temu website on a smartphone in Toronto, Tuesday, April 4, 2023. Temu launched in Canada in early February -- the same month it aired a Super Bowl ad with the tagline "shop like a billionaire" -- offering consumers an alternative to online juggernaut Amazon. THE CANADIAN PRESS/Giordano Ciampini URN:71663704

Hype um neue Billig-App Temu: Warum so viele auf den China-Shop abfahren

Wer im Internet surft, bekommt immer öfter Werbung für Temu angezeigt. Der chinesische Onlineshop erobert derzeit die Downloadcharts. Was es damit auf sich hat und wieso Umweltschützer alarmiert sind.

Geplant ist, dass über einen digitalen Produktpass alle wesentlichen Informationen zum jeweiligen Spielzeug abrufbar sind und entsprechende Warnhinweise auf Onlinemarktplätzen gut sichtbar angezeigt werden. An den EU-Außengrenzen werden die digitalen Pässe bei der Einfuhr von Spielzeug kontrolliert, mit einer IT-Datenbank abgeglichen und Problemfälle vom Zoll herausgefischt. In dem Pass müssen die Unternehmen erklären, wie sie die Anforderungen der EU für sicheres Spielzeug erfüllen.

Im Jahr 2022 hatte die EU-Kommission rund 4000 Produkte zurückgerufen und einen Verkaufsstopp verhängt. Hauptgründe waren gesundheitsschädliche Chemikalien, Verletzungsgefahr und Erstickungsgefahr für Kleinkinder. Die Hälfte der Produkte stammte aus China.



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