Zugeschaltet aus Tel Aviv, ordnete ZDF-Auslandskorrespondent Michael Bewerunge die Geschehnisse der letzten Tage um den Nahostkonflikt noch einmal detailliert ein. Der sogenannte Schattenkrieg zwischen Iran und Israel laufe seit Jahren vor aller Augen, dennoch habe allen voran Europa diese fest verschlossen. Bundesaußenministerin Baerbock traf sich am 17. April mit Israels Präsident Benjamin Netanjahu zur Lagebesprechung. Bislang gäbe es aber noch keine Äußerungen bezüglich eines geplanten Rückschlags. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis dieser erfolge. Einen Angriff auf iranischem Boden schließe Bewerunge nicht aus. Im Gegenteil.

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Das „Worst-Case-Szenario“ sehe der Journalist in einem israelischen Angriff auf iranische Nuklearanlagen, der wiederum eine scharfe Reaktion des Irans nach sich ziehen würde. Sollte der Iran im Besitz von Nuklearsprengköpfen sein, wäre dies „eine existenzielle Bedrohung“. „Ab wann könnten sie die haben?“, hakte Lanz bei Militärexperte Carlo Masala nach. Die Antwort klang nicht gerade beruhigend: Etwa 60 Prozent hätte der Iran in der Fertigstellung seiner Nuklearwaffen erreicht – von notwendigen 90 Prozent, was die Anreicherung mit Uran beträfe. Auch Hyperschallraketen, die Raketenabwehrsysteme wie den bekannten Iron Dome durchdringen könnten, stünden zur Debatte.

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Iran-Aktivistin kritisiert Wording

„Die Mehrheit der Menschen im Iran ist gegen dieses Regime“, betonte Iran-Aktivistin Daniela Sepehri, die die Formulierung „der Iran“ in der laufenden Debatte für ungeeignet hielt. „Wir sprechen über einen Staat“, rechtfertige Lanz das Wording in der Runde. Für Sepehri keine annehmbare Begründung. „Der Staat heißt aktuell ‚Islamische Republik Iran‘, dann müssten wir uns diese zwei Silben noch gönnen“, entgegnete die freie Journalistin sichtlich aufgebracht. Islamwissenschaftler Guido Steinberg stimmte zwar zu, dass die Mehrheit der Iraner das Regime kritisierten, dennoch sei es nach wie vor stabil.

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„Auch, weil wir dieses Regime stabil halten?“, wollte Lanz von SPD Generalsekretär Kevin Kühnert wissen. Seine Partei stünde „an der Seite der Demonstrierenden“, betonte der Politiker. Dass die Revolutionsgarden des Irans bis heute nicht auf den europäischen Sanktionslisten stünden, läge daran, dass bestimmte Kriterien bislang nicht erfüllt würden. Ob er es für richtig halte, hakte Lanz nach, dass das noch passiere. Eine eindeutige Antwort gab es vom SPD Generalsekretär zunächst nicht. „Wir hielten die Revolutionsgarden für richtig aufgehoben“, wich Kühnert aus, schob dann aber noch ein „Ja“ hinterher.

Markus Lanz empört über Steinmeier-Gratulation zum Revolutionsjubiläum

Für Lanz offenbar erst der Anfang, sich mit der Rolle der SPD bezüglich des Umgangs mit dem Iran auseinanderzusetzen. „Warum gratuliert Frank Walter Steinmeier zum Revolutionsjubiläum und dann auch – das hat mich damals ehrlich gesagt persönlich wirklich wütend gemacht – noch im Namen des deutschen Volkes. In meinem Namen nicht“, echauffierte sich der Moderator. Aufklärung diesbezüglich gab es nicht von Kevin Kühnert, sondern von Guido Steinberg.

Die Geschichte zwischen SPD und dem Iran liege schon „länger“ zurück, erläuterte der Nahost-Forscher. Der Glaube, „dass man auf Autokratien, auf Diktaturen einwirken kann, wenn man sich ihnen annähert“, hielte sich in der Partei hartnäckig. „bis die Probleme so groß sind, dass sie nicht mehr zu ignorieren sind“, so Steinberg. Als Zuschauer fühlte man sich schnell zurückversetzt in eine Zeit, in der auch mit Russlands Präsident Wladimir Putin noch nett am riesengroßen Tisch geplaudert wurde.

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Militärexperte Masala warnt vor Eskalation

„Man setzt sich mit Terror-Regimen nicht an einen Tisch, man spricht mit Terror-Regimen nicht über Handel“, betonte Sepehri. Der Handel mit Deutschland sei für den Iran reines Prestige. Man solle endlich Bedingungen stellen und nicht nur Bedingungen erfüllen. Die Revolutionsgarde gehöre nach Sepehris Meinung längst auf die Terrorliste der EU gesetzt. Steinberg dagegen halte dies für „problematisch und falsch“.

Der Iran könne als staatlicher Akteur nicht mit einer Terrororganisation gleichgesetzt werden. Zudem befänden sich in der Revolutionsgarde viele Wehrpflichtige, welchen eine Strafverfolgung drohe. Könnte ein Regime-Change die Wendung im Konflikt bringen? Auch da blickte Steinberg wenig hoffnungsvoll in die Zukunft. „Momentan ist das Risiko groß, dass irgendjemand einen Fehler begeht und überreagiert“, resümierte Masala die aktuelle Situation. Man habe auf die Menschen im Land nicht gehört, kritisierte die Iran-Aktivistin. Europas „arrogante Sichtweise“ müsse sich endlich ändern.



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