Vor einiger Zeit muss ich recht müde gewesen sein oder andere, inzwischen unbekannt verzogene Gefühle gefühlt haben. Jedenfalls bin ich in einem Artikel für sogenannte Führungskräfte und sonstige Leute mit erhöhtem Alltagscortisol auf die Behauptung gestoßen, Entschuldigungen seien “kleine Leuchtturmprojekte”, die man in der Welt platziere. Ich habe nicht ganz verstanden, wieso das so geschrieben werden musste, freute mich allerdings, weil ich so gesehen ein Chefleuchtturmwärter wäre.

Jemand, der mich mal sehr gut kannte, sagte mir nämlich, ich würde mich oft entschuldigen, was so klang, als sei es zu oft, bestimmt war es genau so gemeint, und es stimmte ja. Ich war eine Art wandelnder Fleurop-Strauß. Seither versuche ich damit aufzuhören, kalter Entschuldigungsentzug, obwohl ich gelegentlich rückfällig werde. Verzeihung hier, Tutmirleid da, auch wenn’s gar nicht nötig wäre. Andere entschuldigen sich übrigens viel seltener, obwohl sie es durchaus mal tun könnten: für weiße Sneaker zum Anzug zum Beispiel, zumal wenn man älter als 15 ist. Für abgestellte Matratzen in Berlin, vielleicht generell mal für Berlin. Für das Konzept “Speedy Boarding”, für das Lied Geboren, um zu leben, für das höchst selten angemessene Wort “superspannend”, für Typen, die ihrer Umwelt andauernd erklären, dass Hummus “in Wahrheit gar kein Brotaufstrich” ist, weil sie einmal beinahe in Marokko im Urlaub waren, und für die Wendungen “kritisch hinterfragen” und “zu Vino sag ich nie No”. Nichts bisher dazu, kein Wort des Bedauerns, das habe ich recherchiert.



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