Mit der neuen Stromverbindung Neuconnect nach Deutschland wächst nach Ansicht eines Experten die Bedeutung Großbritanniens als Strommarkt weiter. «Die britische Insel ist schon jetzt der zweitgrößte Offshore-Windmarkt der Welt nach China», sagte Marc Lehnfeld von der bundeseigenen Gesellschaft Germany Trade and Invest (GTAI) der Deutschen Presse-Agentur in London.
Bisher sei Großbritannien zwar noch Nettostromimporteur. Allerdings wolle die britische Regierung die Kapazität bei Offshore-Wind bis 2030 von 15 auf 50 Gigawatt (GW) deutlich erhöhen. Damit treibe sie auch das Exportpotenzial an, sagte Lehnfeld.
Spatenstich in Wilhelmshaven
Am (heutigen) Dienstag wird Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in Wilhelmshaven zum Spatenstich für den deutschen Anlandepunkt der Stromautobahn erwartet. Das 725 Kilometer lange Unterwasserstromkabel soll künftig erstmals die Energienetze von Großbritannien und Deutschland verbinden. Der sogenannte Interkonnektor kann bis zu 1,4 Gigawatt Strom in beide Richtungen transportieren – das ist genug Energie für etwa 1,5 Millionen Haushalte. Die Baukosten von knapp drei Milliarden Euro übernimmt ein Investorenkonsortium.
Interkonnektoren können nach Angaben der Bundesnetzagentur die Energiesicherheit verbessern und den Wettbewerb ankurbeln, was zu günstigeren Strompreisen führen kann. Denn direkte Verbindungen zwischen Strommärkten vergrößern laut der Behörde die Absatzmöglichkeiten. Die Länder könnten so wechselseitig von den jeweils günstigsten Erzeugungsbedingungen profitieren.
Nach Angaben der Bundesnetzagentur hat Deutschland zurzeit 54 solcher Interkonnektoren, die die Republik mit allen neun Nachbarländern verbinden sowie mit Schweden und Norwegen – vier davon sind Seekabel. 16 weitere Interkonnektoren, darunter Neuconnect, befinden sich in der Planung.
«Die Neuconnect-Stromverbindung wird der erste direkte deutsch-britische Interkonnektor», sagte GTAI-Experte Lehnfeld. «Über das politische Signal der Annäherung hinaus unterstreicht der Interkonnektor die energiewirtschaftliche Bedeutung für beide Länder.» Die Stromverbindung erlaube einen besseren Ausgleich zwischen den beiden Strommärkten. 2023 wurden nach vorläufigen Daten rund 24 Terawattstunden mehr Strom nach Großbritannien ein- als ausgeführt. «Mit dem Interkonnektor öffnet sich also deutschen Stromerzeugern ein neuer Markt», sagte Lehnfeld.
Deutsche Unternehmen gehören zu wichtigsten Akteuren im britischen Markt
Angesichts der britischen Pläne könnte sich die Absatzrichtung aber perspektivisch ändern. In der Nordsee sind mit Dogger Bank sowie Hornsea die größten Windfarmprojekte der Welt im Bau.
Auch deutsche Unternehmen mischen auf dem britischen Offshore-Windenergiemarkt mit. «RWE gehört mit derzeit zehn laufenden und neun geplanten Offshore-Wind-Projekten zu den größten Entwicklern im Land», sagte Lehnfeld. «Auch EnBW entwickelt derzeit drei Offshore-Windfarmen an der britischen Küste.»
Allerdings sei die Branche auch unter Druck. «Deutlich gestiegene Kosten für die Windanlagen selbst aber auch auf Seiten der Finanzierung lassen die Entwicklung weiterer Windfarmen vorerst stocken», sagte Lehnfeld. Einen Schub geben könnte die derzeit laufende, sechste Förderrunde für Projekte aus erneuerbaren Energien. Mit 800 Millionen Pfund ist der Großteil des Fördertopfes für die Offshore-Windenergie reserviert.
Der Verband Renewable UK und das Innovationszentrum Cluster Offshore Renewable Energy (ORE) Catapult kritisieren aber, das Fördervolumen werde nicht ausreichen, um die Lücken der letzten, leer ausgegangenen Förderrunde zu schließen.
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Mit der neuen Stromverbindung Neuconnect nach Deutschland wächst nach Ansicht eines Experten die Bedeutung Großbritanniens als Strommarkt weiter. «Die britische Insel ist schon jetzt der zweitgrößte Offshore-Windmarkt der Welt nach China», sagte Marc Lehnfeld von der bundeseigenen Gesellschaft Germany Trade and Invest (GTAI) der Deutschen Presse-Agentur in London.
Bisher sei Großbritannien zwar noch Nettostromimporteur. Allerdings wolle die britische Regierung die Kapazität bei Offshore-Wind bis 2030 von 15 auf 50 Gigawatt (GW) deutlich erhöhen. Damit treibe sie auch das Exportpotenzial an, sagte Lehnfeld.