„Der Tod in Gewahrsam von Walid Daqqa, einem 62-jährigen palästinensischen Schriftsteller, der nach 38 Jahren Haft der am längsten in israelischen Gefängnissen inhaftierte palästinensische Häftling war, ist eine grausame Erinnerung an Israels Missachtung des Rechts der Palästinenser auf Leben“, postete die Menschenrechtsorganisation Amnesty International am Montag auf X (vormals Twitter) und löste damit einen Shitstorm aus.
Trauer um mutmaßlichen Terroristen
Denn Walid Daqqa saß nicht als unschuldiger Schriftsteller hinter Gittern– tatsächlich fing er laut Bild-Informationen erst im Gefängnis mit dem Schreiben an. Vorher jedoch erreichte er als Kopf eines Kommandos der Terror-Gruppe PLFP (Volksfront für die Befreiung Palästinas) grausame Berühmtheit: Die PLFP entführte 1986 den damals 19-jährigen israelischen Soldaten Moshe Tamam, stach ihm die Augen aus und trennte mehrere Glieder ab, bevor sie ihn per Kopfschuss ermordete. Als mutmaßlicher Befehlshaber wurde Daqqa damals von einem israelischen Gericht zu lebenslänglicher Haft verurteilt– und stritt bis zu seinem Tod alles ab.
Amnesty International hatte sich bereits vor Daqqas Tod für dessen Freilassung eingesetzt. „Er fungierte als Mentor und Erzieher für Generationen junger palästinensischer Gefangener, darunter auch Kinder“, heißt es auf der Website der Organisation. „Seine Schriften, zu denen Briefe, Essays, ein gefeiertes Theaterstück und ein Jugendroman gehörten, waren ein Akt des Widerstands gegen die Entmenschlichung palästinensischer Gefangener“.
Nutzer auf X reagierten nun schockiert auf die Trauerbekundung von Amnesty International: Einen Terroristen als „Schriftsteller“ zu bezeichnen, ohne den Mord an Moshe Tamam zu erwähnen, sei so, als würde man Adolf Hitler als „Landschaftsmaler” bezeichnen, heißt es in einem Kommentar unter dem Post.
Fleischhauer: „Was für eine elende Shit-Show“
Auch viele deutsche Stimmen kritisierten die Menschenrechtsorganisation scharf:
„Lange habe ich viel von der Menschenrechtsorganisation amnesty gehalten“, äußerte sich der Journalist und Autor Hasnain Kazim auf X. „Jetzt feiert sie einen Typen, der in Israel im Gefängnis an Krebs gestorben ist – einen Mann, der einem 19-Jährigen die Augen ausgestochen, ihn kastriert und ihm dann in den Kopf geschossen hat. I am out.“
Der Journalist Jan Fleischhauer zeigte sich ebenfalls schockiert von den Aussagen Amnestys: „Was für eine elende Shit-Show aus Amnesty geworden ist. Nachdem der ‚palästinensische Autor‘ Walid Daqqa den 19-jährigen Moshe Tamam gekidnappt hatte, folterte er ihn zwei Tage, kastrierte ihn, riss ihm die Augen aus und schoss ihm dann in die Brust.“, so Fleischhauer. Später korrigierte er, dass Daqqa den Jungen wohl nicht selbst verstümmelt habe, sondern das von ihm befehligte Terrorkommando.
Israelische Botschaft: „Wir sind schon gespannt auf Ihre nächste Hommage an Ted Bundy“
Auch die israelische Botschaft äußerte sich zu den Aussagen von Amnesty International auf ihrem offiziellen Account auf X: „Sie haben eine beunruhigende Obsession, sadistische Mörder zu verherrlichen“, lautet der Vorwurf an die Menschenrechtsorganisation. „Wir sind schon gespannt auf Ihre nächste Hommage an Ted Bundy.“ Bundy war ein US-amerikanischer Serienmörder, der mindestens 30 Frauen getötet haben soll.
Die israelische Botschaft ging auch auf einen weiteren Vorwurf Amnesty Internationals ein: Demnach sei Daqqa seit dem 7. Oktober 2023, dem Überfall der Hamas, „gedemütigt und gefoltert“ worden. Außerdem seien ihm Besuche seiner Familie und die benötigte medizinische Versorgung für seine Knochenkrebserkrankung verweigert worden. Die israelische Botschaft antwortete darauf, dass Daqqa zwar an Krebs verstarb, er aber während seiner Haftzeit eine entsprechende Behandlung bekommen habe.
Trotz der scharfen Kritik steht Amnesty International offenbar weiter hinter Daqqa– ohne seine dunkle Vergangenheit zu erwähnen: „Es ist herzzerreißend, dass Walid Daqqa in israelischem Gewahrsam gestorben ist, trotz der vielen Aufrufe zu seiner dringenden Freilassung aus humanitären Gründen“, so Erika Guevara-Rosas, Senior Director bei Amnesty International.
Die Organisation fordert nun die Freigabe des Leichnams an Walid Daqqas Familie.