Starnberg – Eigentlich hat es so ausgesehen, als hätte die Stadt Starnberg nach über 35 Jahren einen Ausweg aus dem Dauerthema Seeanbindung gefunden. Denn im vergangenen Jahr konnte sie sich mit der Deutschen Bahn (DB) einigen. Der drohende Rechtsstreit um 177 Millionen Euro für das Mega-Projekt schien beigelegt zu sein. Nun ist die Stadt von der getroffenen Vereinbarung zurückgetreten. Grund: die Finanzierung. Nun heißt es erstmal wieder weiterverhandeln.

“Vor 30 Jahren wurde ein Vertrag geschlossen, der schlussendlich dazu geführt hat, dass wir von der Bahn auf 170 Millionen Euro verklagt wurden”, fasst Patrick Janik (UWG) die Situation im Herbst 2023 gegenüber der AZ zusammen. Im Jahr 1987 schließt die Stadt mit dem Konzern den Vertrag zur Seeanbindung ab. Wesentlicher Bestandteil ist die Umgestaltung der Bahnanlagen. Dafür zahlen soll die Stadt und bekommt im Gegenzug Grundstücke direkt am Starnberger See. Nachdem dann 30 Jahre später noch nichts geschehen war, hat die DB Starnberg im Jahr 2019 auf 170 Millionen Euro Schadensersatz verklagt.

Einigung der Stadt Starnberg mit der Bahn wurde als Erfolg gefeiert, doch Finanzierung ist nicht geklärt

Bevor es zum Rechtsstreit gekommen ist, konnte man sich im vergangenen Jahr einigen. Das wurde als großer Erfolg gefeiert und “einer der schönsten Bahnhöfe Europas” wurde von Janik angekündigt. Die Stadt war nun an der Reihe, die Finanzierung zu klären. Nun ist klar: Diese steht nach wie vor in den Sternen.

“Es ist nicht absehbar, wie die Finanzierung erfolgen wird, und daher haben wir das Sonderkündigungsrecht gezogen”, sagt Angelika Kammerl (CSU), zweite Bürgermeisterin der Stadt Starnberg, zum Schritt der AZ. Die Stadt habe bei Bund und Land um einen Runden Tisch in der Hoffnung auf eine finanzielle Förderung gebeten, doch daraus wurde bisher nichts. “Wir haben bis dato von beiden Seiten keine Terminvorschläge bekommen”, beklagt Kammerl. Auf Anfrage der AZ bedauert die DB die Ankündigung der Stadt. “Im gemeinsamen Austausch gilt es nun, die nächsten Schritte und Maßnahmen zu erarbeiten”, sagt eine Sprecherin.

Ist das Projekt zu aufwändig? “Am Ende war es eigentlich Größenwahn” 

Wenn es nach Stefan Zeil – Vorsitzender der FDP in Starnberg – geht, ist der Ausweg aus der Misere leicht: “Die Stadt muss sich mit der Bahn auf eine einfachere Lösung verständigen.” Zu aufwendig und illusorisch sei der einstig vereinbarte Plan. “Man hatte die Idee, die Bahn verlegt die Gleise und die Stadt bekommt dafür ihre Filetgrundstücke am See – das ist aber viel komplexer.” Rückendeckung bekommt er von ganz oben.

In einer Antwort auf eine Anfrage der Starnberger Bundestagsabgeordneten Sandra Bubendorfer-Licht (FDP) an das Finanz- sowie an das Verkehrsministerium, die der AZ vorliegt, heißt es vom zuständigen Parlamentarischen Staatssekretär Michael Theurer (FDP), er empfehle, dass die geplanten Vorhaben genau untersucht werden, um “die Realisierung der wirtschaftlichsten Lösung zu gewährleisten”. Dies gelte insbesondere “im Lichte der erheblichen Preissteigerungen seit Mitte 2021 und der absehbar knapperen Haushaltsmittel auf allen Ebenen”.

Starnberg als kleine Gemeinde habe sich da übernommen, sagt Zeil. “Am Ende war es eigentlich Größenwahn.” Bürgermeister Janik würde sich zu sehr auf diese Vereinbarung versteifen. “Bei den heutigen Verhältnissen – was die Kosten und Planungsdauer für Bauprojekte angeht – ist das Ganze ein Luftschloss.”

Für die Bürger sei das Entscheidende, dass sie endlich eine Überdachung und einen barrierefreien Zugang am Bahnhof See bekämen, sagt Zeil. In Starnberg wurde die Überdachung des Seebahnhofs 2012 entfernt und seitdem stehen die Fahrgäste im Regen. Ein Zustand, der sich mit der nun geplatzten Einigung mit der Bahn weiter hinziehen könnte. Denn die Umgestaltung des Bahnhofs See war ein Bestandteil davon.

Fahrgäste stehen im Regen: Barrierefreiheit und Überdachung des Seebahnhofs rücken in weite Ferne

Der einzige Ausweg wäre eine provisorische Lösung. “Wenn die Einigung da ist und die Gleise umgebaut werden, dann wird auch ein Dach und die Barrierefreiheit da sein, aber das dauert vermutlich noch Jahre. Es wäre daher schön, wenn sich die Bahn um eine provisorische Lösung kümmern würde”, sagt die zweite Bürgermeisterin. Die Stadt sei hier jedoch lediglich in der Rolle eines Bittstellers. Die Bahnsteige und auch der Zugang sei Sache der Bahn. “Wir haben nur die Info, dass die Bahn das im Augenblick so nicht machen kann.”

Allem Anschein nach stehen die Pendler und Anwohner also weiterhin im Regen. Es bleibt die Hoffnung, dass die Stadt die Finanzierung zeitnah klärt und eine erneute Einigung mit der Bahn erfolgt. “Ich hoffe, dass eine Einigung in diesem Jahr stattfindet und dass die Finanzierung geklärt sein wird”, sagt Kammerl. “Wir werden weiterverhandeln, bis geklärt ist, ob und woher die Fördermittel kommen.”





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