Die Justizministerin der DR Kongo kündigt das Ende des seit 2003 geltenden Moratoriums auf Hinrichtungen an. Oppositionelle befürchten Willkür.

Rose Mutombo sitzt an einem Schreibtisch

Rose Mutombo, Justizministerin der Demokratischen Republik Kongo bei der Amtseinführung, 1.6.2023 Foto: Justin Makangara/AA/picture alliance

BERLIN taz | Zwischen Recht und Realität klafft in der Demokratischen Republik Kongo eine große Lücke, meist zum Nachteil der Realität. Im Falle der Todesstrafe ist es umgekehrt: Das Gesetz sieht sie vor – aber seit Jahrzehnten gibt es keine Hinrichtungen mehr. Das könnte sich nun ändern. In einem Rundschreiben an die Justizbehörden vom 13. März hat Justizministerin Rose Mukombo die Aufhebung des seit 2003 geltenden Moratoriums auf die Vollstreckung der Todesstrafe verkündet.

„Um die Armee unseres Landes von Verrätern zu reinigen und dem Aufschwung von Terrorismus und Banditentum zu begegnen“, habe das Kabinett dies am 9. Februar beschlossen, so die Ministerin. „In Kriegszeiten, unter Kriegs- oder Notstandsrecht, im Rahmen einer Polizeioperation zur Bewahrung oder Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung oder in jedem anderen außergewöhnlichen Umstand“ dürfe man in Zukunft für eine Reihe von Verbrechen hingerichtet werden.

Genannt werden Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen, für Zivilisten auch „kriminelle Vereinigung“, „Landesverrat“, „Spionage“, „Teilnahme an bewaffneten Banden“ und „Teilnahme an einer Aufstandsbewegung“, für Soldaten zusätzlich Delikte wie „Feigheit“, „Fahnenflucht“, „Befehlsverweigerung“ oder „Sabotage“.

Die Forderung, wieder Todesurteile zu vollstrecken, kursiert in der DR Kongo seit Monaten in Bezug auf die Armee. Patriotische Kräfte wittern hinter jedem Erfolg der von Ruanda unterstützten M23-Rebellen im Osten des Landes Verräter in den eigenen Reihen.

Keine unabhängige Justiz

Aber viele Kritiker fürchten nun, die Todesstrafe werde vor allem politische Gegner von Präsident Felix Tshisekedi treffen. Vom katholischen Kardinal Fridolin Ambongo bis Friedensnobelpreisträger Denis Mukwege reichen die Stimmen, die wie Oppositionsführer Martin Fayulu vor dem „unscharfen Begriff des Landesverräters“ als Grundlage für Hinrichtungen warnen und betonen: Kongos Justiz sei nicht unabhängig.

Todesurteile fällen Kongos Gerichte gern, trotz Moratorium. Sie werden in lebenslange Haft umgewandelt. Laut einer Zählung aus dem Jahr 2020 saßen damals rund 510 Todeskandidaten in Kongos Gefängnissen.

Ob Rose Mutombo Hinrichtungen noch als Ministerin erlebt, ist fraglich. Kongos Regierung ist seit den Wahlen von Ende 2023 nur noch geschäftsführend im Amt, ein völlig neues Kabinett soll bald gebildet werden.

Die Justizministerin dürfte mit einem Karriereende wenig Probleme haben. Das Vermögen ihres Ehemannes, des früheren US-Basketballspielers Dikembe Mutombo, schätzen US-Medien auf 75 Millionen US-Dollar.





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