Dieser Engländer kann nur lächeln

Florian Wirtz schoss im DFB-Test in Frankreich (2:0) nach knapp acht Sekunden das schnellste Tor der deutschen Länderspiel-Geschichte. Darüber kann Ryan Hall nur müde lächeln. Der 36-Jährige vom Croydon FC in der zehnten englischen Liga traf kürzlich direkt vom Anstoß – nach etwas mehr als zwei Sekunden. Im Interview mit dem Sportbuzzer, dem Sportportal des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND), erklärt er sein besonderes Tor und verrät, welchem DFB-Profi er ein solches Kunststück zutraut.

Sportbuzzer: Ryan Hall, gerade hat Florian Wirtz das schnellste Tor der deutschen Länderspiel-Geschichte geschossen. Sein Treffer gegen Frankreich fiel nach 7,9 Sekunden. Der Österreicher Christoph Baumgartner traf nach 6,3 Sekunden. Das beeindruckt Sie vermutlich nicht besonders?

Ryan Hall (36): Naja, nicht wirklich. Ich habe ein noch schnelleres Tor geschossen. Wie ist das deutsche Tor gefallen?

Anstoß, Täuschungsmanöver Toni Kroos, Pass nach vorne – und plötzlich hatte Wirtz viel Platz.

Wie Sie wissen, habe ich ein Tor in 2,31 Sekunden geschossen, direkt vom Anstoß. Ich achte immer darauf, wo der Torwart steht. Normalerweise geht er beim Anstoß an die Grenze des Fünfmeterraums. Aber in diesem Fall war der Torwart etwas sorglos. Er stand an der Kante des Sechzehnmeterraums. Ich dachte: ich versuche es einfach mal. Wenn ich den Ball gut treffe, hat der Torwart keine Chance, rechtzeitig zurück auf die Linie zu kommen. Niemand ist schneller als der Ball. Und dann hat es geklappt. Ich habe es durchgezogen.

Ihr Tor im Halbfinale der London Senior Trophy für den Croydon FC aus der zehnten englischen Liga gegen Cockfosters Reserves im Februar hat viel Wirbel im Internet ausgelöst. Stimmt es, dass es der schnellste Treffer war, den es jemals gab?

Ich warte immer noch auf die Rückmeldung vom Guiness-Buch der Rekorde. Es gibt einen Jugendlichen in Schottland, der angeblich ein schnelleres Tor geschossen hat, aber dafür gibt es keinen Beweis. Soweit ich weiß, wurde der Treffer nicht gefilmt. Unsere Spiele werden zum Glück immer gefilmt, damit wir uns bestimmte Situationen hinterher nochmal anschauen können.

Haben Sie Ihr Anstoß-Tor trainiert?

Ich denke, ich habe ein natürliches Talent für solche Dinge. Ich bin gut bei langen Pässen und im Lattenschießen. Ich habe schonmal in der Sonntagsliga vom Anstoß getroffen – aber das war kein offizielles Spiel, deshalb kam das Tor nicht für das Guiness-Buch in Frage. Ich habe auch schon Ecken direkt verwandelt.

Der Torwart des Gegners hätte also gewarnt sein müssen?

Ganz klar, er hat seine Hausaufgaben nicht gemacht. Ich denke, der Gegentreffer war für ihn ein bisschen peinlich.

Wusste Ihr Trainer von Ihrem Vorhaben?

Es war nicht abgesprochen, dass ich versuchen würde, vom Anstoß zu treffen. Alle waren überrascht. Meine Trainer wusste, dass ich theoretisch dazu fähig bin – aber er hätte nicht gedacht, dass ich es tatsächlich durchziehe.

Die deutsche Nationalmannschaft hat einen Trainer für Standardsituationen, der den Spielzug hinter dem Wirtz-Tor geplant hat. Einen solchen Spezialisten gibt es beim Croydon FC vermutlich nicht.

Nein, natürlich nicht. Unser Trainer und unser Co-Trainer besprechen mit uns verschiedene Varianten für Standardsituationen. Wir haben verschiedene Strategien. Aber vom Anstoß zu treffen, ist natürlich keine davon.

Wäre Ihr Tor auch im Profifußball möglich gewesen, gegen einen besseren Torwart?

Kein Torwart erwartet, dass der Gegner vom Anstoß schießt. Ich würde sagen, dass ich dieses Tor vermutlich auch in der Premier League schießen könnte.

Sie kommen aus der Jugend von Crystal Palace. Wie nah waren Sie an einer Karriere im großen Fußball?

Für Palace saß ich in der Premier League mehrmals auf der Bank, gegen Vereine wie Arsenal und Chelsea. Für Leeds United habe ich in der Championship gespielt, der zweiten englischen Liga. Keine Ahnung, warum es nicht für mehr gereicht hat. Die Konkurrenz war groß.

Irgendwelche Ratschläge an die deutsche Nationalmannschaft, falls sie versuchen sollte, vom Anstoß zu treffen?

Wenn der Torwart zu weit vor der Linie steht – go for it!

Welchem deutschen Nationalspieler trauen Sie zu, Ihr Kunststück zu kopieren?

Da gibt es auf jeden Fall ein paar Jungs. Kai Havertz von meinen Lieblingsverein FC Arsenal könnte das auf jeden Fall.