München – Die Mundwinkel zeigen steil nach unten. Der Blick ist eisig. Nur ab und an strengt Markus Söder sich an und lächelt, wenn auch etwas verkrampft. Heidi Klum hätte wohl kein Foto für ihn und seine Performance auf der Bühne. Dabei weiß er doch, dass alle Augen auf ihn und Manfred Weber gerichtet sind.

Zwei, die sich nicht so gerne haben

Die Fehde zwischen dem Spitzenkandidaten der CSU für die Europawahl und dem Parteivorsitzenden ist nichts Neues. Sie hatte sich etwas abgekühlt. Doch an diesem Sonntag im Juni fällt Söders Pokerface –für jeden offensichtlich.

Schlechter als bei der letzten Europawahl, besser als bei der Landtagswahl im Herbst liegt die CSU. So ein richtiger Erfolg ist das nicht. Das Wahlergebnis wird zwar von zahlreichen Mitgliedern der Jungen Union, die in großer Zahl in die Parteizentrale nach München gekommen sind, bejubelt.

Nur hört das schnell auf. Als Weber kurz nach 18 Uhr beim BR von einer “tollen Leistung” spricht, brandet noch mal Applaus auf. Als die Grünen im Fernsehen gezeigt werden, freuen sich die Christsozialen. Aber angestoßen wird eben nicht. Dann geht die Wahlparty wie der 70. Geburtstag von Tante Senta weiter – zäh.

Ist das ein “gutes Ergebnis”? 

Hinter vorgehaltener Hand sagen einige Christsoziale, dass man nicht zufrieden sein könne mit dem Ergebnis. Weber sieht das anders, was Söder sichtlich nervt. Der spricht wiederum vom Ende der Ampel, deren “Halbwertszeit” maximal noch ein Jahr dauere.

Einen “geplatzten Traum” der Freien Wähler sieht Söder, der Koalitionspartner solle sich lieber mal auf Bayern konzentrieren. Die Stimmen an Hubert Aiwangers Partei seien “verschenkte Stimmen”. Europa, das EU-Parlament, das kommt in Söders Rede kaum vor. Der Einsatz Webers als Spitzenkandidat wird nur in einem Nebensatz erwähnt. Sogar die JU bekommt mehr Lob von Söder für den Wahlkampf, garniert mit der Bemerkung dass “ja klar ist”, dass die Spitzenkandidaten viel machen.

Die Leiden des Manfred Weber

Weber lässt das alles über sich ergehen, mit stoischer Mimik, wie er es immer tut. Sein Stil ist der offene Konflikt nicht, ihm entgleitet die Contenance nicht. Viele finden das auch in der CSU sympathisch – nur eben nicht kantig genug.

Söder schon. Obwohl er doch eigentlich mit so einem Ergebnis zwar nicht zufrieden sein, aber doch ganz gut leben könnte. Denn ein sehr gutes Ergebnis hätte Weber, der durchaus seine Fans an der CSU-Basis hat, gestärkt. Ein zu schlechtes wäre aber auch auf den Parteivorsitzenden zurückgefallen. Insofern wäre so ein Mittelding ja eine feine Sache.

Keine Hilfe für die Kanzlerkandidatur?

Man kann das Ergebnis aber auch so deuten, dass es Söder für eine mögliche Kanzlerkandidatur nicht hilft. Denn Sieger sehen anders aus: Seit Söder im Amt ist, verliert die CSU Stimmen. JU-Chef und Europakandidat Christian Doleschal spricht von einem “soliden Ergebnis”. Was der CSU nicht geholfen habe: “Ursula von der Leyen war schon ein Thema”, sagt Doleschal der AZ.

Die Gründe für das Abschneiden: ein Fragezeichen

Woran es wirklich liegt, dass die CSU weit von den einstigen 50 plus X entfernt ist, weiß keiner so richtig an diesem Abend in der Parteizentrale. Überall sieht man kleine Grüppchen von Spitzenpolitikern, die zwar nicht entsetzt, aber auch nicht gerade euphorisch sind und mit leisen Stimmen diskutieren.

“Das ist nicht schön.”

Finanzminister Albert Füracker versucht es so: “Dass das BSW aus dem Stand 4,4 Prozent bekommt, ist schon etwas, was man mal besprechen muss.” Von den Erfolgen der AfD im Osten ist er schockiert. Am Wahlkampf könne das CSU-Ergebnis jedenfalls nicht gelegen haben, der sei sehr engagiert gewesen.

Einen Kurswechsel in der CSU findet er aber zu weit hergeholt. Es sei ja keine Landtagswahl gewesen. Aber Fürackers Resümee lautet: “Wir haben 2,2 Prozent weniger. Das ist nicht schön.”





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