Kommentar zum Tarifkonflikt
Die Bahn will testen, wie weit Weselsky geht
Claus Weselsky, Vorsitzender der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL).
Quelle: Christoph Soeder/dpa
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Frankfurt am Main. Nebelkerze? Taktikspielchen? Der Konflikt zwischen der Gewerkschaft Deutscher Lokführer (GDL) und der Deutschen Bahn nervt langsam – und zwar gewaltig. DB-Personalchef Martin Seiler hat am Freitag einen „neuen“ Vorschlag für die Wiederaufnahme der Verhandlungen gemacht. Am Montag will er sich mit GDL-Chef Claus Weselsky wieder an einen Tisch setzen. Das „Angebot“ ist im monatelangen Hickhack verhandlungstaktisch der nächste logische Schritt: Oberlokführer Weselsky hat nach dem 35-Stunden-Streik, der am Freitag beendet wurde, mit der Dauerwelle gedroht: partiellen, kleineren Arbeitsniederlegungen mit verkürzter Vorwarnfrist.
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Da kann sich das Bahnmanagement nicht totstellen. Denn es muss allein schon wegen der öffentlichen Reputation zumindest so tun, als wolle man die Wellenstreiks, die für Fahrgäste äußerst unangenehm werden können, verhindern. Allerdings wird die Einladung zugleich konditioniert mit dem Hinweis, dass man auf Basis des Moderatorenvorschlags verhandeln wolle.
Weselsky kann das nicht akzeptieren
Klar ist, dass Weselsky dies nicht akzeptieren kann. Denn im Moderatorenpapier steht vor allem, dass die Wochenarbeitszeit auf 36 Stunden verkürzt werden soll. Weselskys wichtigste Forderung ist aber: 35 Stunden. Postwendend hat die Lokführergewerkschaft denn auch das Angebot zurückgewiesen und von einer „Nebelkerze“ gesprochen.
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Was das alles soll? Die Bahn will offenbar den Druck auf Weselsky erhöhen und testen, wie weit er bereit ist zu gehen. Mit ihrem Angebot erreicht sie so das Gegenteil von dem, was sie vorgibt zu tun: Die GDL wird zur Dauerwelle gezwungen. Das alles wäre legitim, zumal es hier um eine extrem wichtige Weichenstellung in puncto Arbeitszeit geht, und zwar über den Staatskonzern hinaus: um einen ersten Pflock für die 35-Stunden-Woche im öffentlichen Dienst einzurammen.
Nicht akzeptabel aber ist, dass bei diesem Taktieren die Fahrgäste in Geiselhaft, wie es kürzlich eine Experte formulierte, genommen werden. Für Insider ist klar, dass es eine Lösung nur mit den 35 Stunden geben kann. Die GDL wird alles mobilisieren und Streikkasse notfalls bis zum letzten Cent plündern, um das durchzusetzen – mit Dauerwellenstreiks über Wochen hinweg. Im Interesse ihrer Kunden darf die Bahn es so weit nicht kommen lassen.