Brüssel. Die europäische Menschenrechtskommissarin Dunja Mijatović hat Deutschland aufgefordert, den Schutz der Menschenrechte voranzutreiben und die soziale Situation der Bürgerinnen und Bürger zu verbessern. Es seien mehr Anstrengungen erforderlich, um gegen die wachsende Ungleichheit in Deutschland anzugehen, heißt es in dem am Dienstag vorgelegten Bericht. Die Bundesregierung müsse die Langzeitfolgen von Armut auf die Gesundheit, Bildung und Arbeitsplatzaussichten minimieren. Mijatović zufolge müsse Deutschland auch mehr tun, um Armut bei Kindern, älteren Menschen und Personen mit Behinderungen zu bekämpfen.

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Kritisch äußerte sich die Menschenrechtskommissarin des Europarates zum Recht auf menschenwürdiges Wohnen in Deutschland. Zu den größten Problemen für ein menschenwürdiges Wohnen zählen laut Mijatović die hohen Mietpreise in vielen deutschen Städten. „Umfassende und langfristige Maßnahmen, inklusive durch entsprechende Änderungen des Mietrechts, sind erforderlich, um Obdachlosigkeit zu verhindern und zu beseitigen“, sagte Mijatović. Sie forderte die Behörden auf, eine auf den Menschenrechten basierende Wohnungsstrategie zu entwickeln und einen Nationalen Aktionsplan zur Überwindung von Obdachlosigkeit zu verabschieden.

Nach Angaben der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe waren 2022 in Deutschland mehr als 600.000 Menschen zeitweise wohnungslos. Etwa 50.000 von ihnen lebten auf der Straße, die anderen kamen bei Verwandten und Freunden unter oder schliefen in Notunterkünften.

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Deutlich mehr muss Deutschland nach Einschätzung der Menschenrechtskommissarin auch bei der Barrierefreiheit für Menschen mit Behinderung und der Durchsetzung von Kinderrechten tun. „Es gibt keine zentrale Behörde, die die Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung der Kinderrechte auf allen Ebenen und in allen Ressorts wirksam koordinieren könnte“, kritisierte Mijatović. Daher kämen Kinder häufig zu kurz, wie die Corona-Pandemie gezeigt habe.

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Besondere Aufmerksamkeit sollte Deutschland der wachsenden Fremdenfeindlichkeit und dem Rassismus widmen. Sie hätten das Potenzial, den sozialen Zusammenhalt zu untergraben und demokratische Institutionen zu destabilisieren. Erst im Herbst hatte eine Studie der EU-Agentur für Grundrechte (FRA) gezeigt, dass Rassismus gegenüber Schwarzen in Deutschland so groß wie in keinem anderen untersuchten EU-Land ist. 76 Prozent der Befragten gaben an, in den letzten fünf Jahren wegen ihrer Hautfarbe oder Herkunft Opfer von Rassismus gewesen zu sein.

Mijatović hatte mit ihrem Team im November und Dezember letzten Jahres Deutschland besucht und mit Behörden, Menschenrechtsaktivisten, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Kinder- und Jugendvertretern gesprochen.



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