Berlin. Im Tarifstreit mit der Lokführergewerkschaft GDL hat die Deutsche Bahn in weiten Teilen bei der Kernforderung nach einer 35-Stunden-Woche eingelenkt. Demnach soll die Wochenarbeitszeit von derzeit 38 Stunden in mehreren Stufen bis 2029 auf die von der GDL geforderten 35 Stunden bei gleichbleibendem Lohn abgesenkt werden. Der erste Schritt soll Anfang 2026 erfolgen mit einer Absenkung auf 37 Stunden. Wer von den Beschäftigten hingegen auf 40 Stunden erhöhen möchte, könne dies mit 2,7 Prozent mehr Lohn pro zusätzlicher Arbeitsstunde tun. Ab 2027 soll dann eine weitere Absenkung auf 36 Stunden erfolgen, ab 2028 auf 35,5 und ab 2029 dann auf 35 Stunden. Die erste Absenkung erfolgt automatisch, die weiteren Schritte nur auf Antrag.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Die Bahn gab am Dienstagmorgen die Details der Einigung mit der GDL bekannt. „Die Auseinandersetzung war hart, aber wir konnten uns nun auf einen intelligenten Kompromiss einigen“, sagte DB-Personalvorstand Martin Seiler. Die Arbeitszeit werde über ein „innovatives Optionsmodell“ gesteuert, mit dem Mitarbeitende im Schichtdienst künftig selbst über ihre Wochenarbeitszeit entscheiden. Der Korridor geht am Ende von 35 bis 40 Stunden. Dabei gelte das Leistungsprinzip: „Wer mehr arbeitet, verdient entsprechend mehr.“

„Das ist eine wegweisende Lösung, die Flexibilität, Teilhabe und Transformation ermöglicht“, sagte Seiler. „Mit dem Optionsmodell haben unsere Kolleginnen und Kollegen den individuellen Freiraum, sich für das zu entscheiden, das am besten zu ihnen und ihrer Lebensphase passt. Mit der selbstbestimmten Wochenarbeitszeit werden die Bahnberufe insgesamt attraktiver und Leistung lohnt sich. Wir haben von Anfang an betont, dass eine stumpfe Arbeitszeitverkürzung, die allen zwangsweise übergestülpt wird, absolut nicht zeitgemäß ist.“

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Wer sich für mehr Arbeit entscheidet, erhält pro Stunde 2,7 Prozent mehr Lohn. So würden zum Beispiel Lokführerinnen und Lokführer oder Zugbegleiterinnen und Zugbegleiter in einer 40-Stunden-Woche rund 14 Prozent mehr verdienen als in einer 35-Stunden-Woche.

Weselsky: „Historischer“ und „beispielgebender“ Abschluss

GDL-Boss Claus Weselsky sprach von einem „historischen Durchbruch“ und einem „beispielhaften Tarifabschluss“. Die GDL sei „somit beispielgebend auch für andere Gewerkschaften in diesem Land“.

Der Abschluss sei gegen den „heftigen und letztendlich unnützen Widerstand der DB“ erreicht worden. Weselsky bedauerte die Einschränkungen für die Bahnkunden durch die sechs Streikrunden, machte aber die DB für die Dauer der Auseinandersetzung verantwortlich: „Ich darf mich bei allen Fahrgästen bedanken und um Entschuldigung bitten.“

Die Tarifabschlüsse mit fast 30 Konkurrenzunternehmen der DB, die eine frühere Arbeitszeitabsenkung vorsahen, werden nun nachverhandelt, kündigte Weselsky an.

Ein Erfolg und eine bittere Pille für Claus Weselsky

Für Weselsky ist der Abschluss ein Erfolg. Monatelang hatte die Bahn eine 35-Stunden-Woche als „unmöglich“ bezeichnet, nun beugt sie sich Weselskys zentraler Forderung. Der Gewerkschaftsführer musste aber auch einen schmerzhaften Kompromiss an anderer Stelle machen: Der Abschluss gilt nur für die Betriebsteile der DB, in denen die GDL eine Mehrheit der Beschäftigten stellt. Für die neue Infrastruktursparte InfraGo darf die GDL nicht verhandeln.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Bis Ende Februar 2026 wird es nun keine Bahnstreiks der GDL mehr geben. Der Tarifvertrag läuft 26 Monate bis zum 31.12.2025, danach folgt eine zweimonatige Verhandlungsphase, in der ebenfalls keine Streiks möglich sind. Eins steht jetzt schon fest: Die nächste Tarifrunde wird ohne Claus Weselsky an der GDL-Spitze auskommen. Die Amtszeit des 65-Jährigen endet im September. „Diese Runde war die härteste“, sagte Weselsky über seine letzte Tarifauseinandersetzung.

Wissing: Frohe Botschaft zu Ostern

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) nannte den Abschluss „eine wirklich frohe Botschaft für alle Bahnreisenden, die dazu noch zur rechten Zeit kommt. Alle Menschen, die über Ostern zu Freunden und Verwandten reisen wollen, können endlich unbeschwert planen.“

GDL und Deutsche Bahn vereinbaren 35-Stunden-Woche bis 2029

Bahn-Reisende können aufatmen. Nach vier Monaten Tarifstreit und sechs Streiks haben die Lokführergewerkschaft GDL und die Deutsche Bahn eine Einigung erzielt.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Der Abschluss sei „eine gute Nachricht für den Wirtschaftsstandort Deutschland – und zwar im doppelten Sinne“, sagte Wissing. „Die ohnehin angespannten Lieferketten werden durch Streiks nicht länger belastet. Und gleichzeitig haben beide Parteien bewiesen, dass es möglich ist, auch in angespannten Zeiten gemeinsam zu einer Lösung zu kommen – auch wenn die Differenzen zunächst unüberbrückbar scheinen.“

Wissing kritisierte die Dauer der Auseinandersetzung: „Klar ist aber auch, dass die Art und Weise, wie hier vorgegangen wurde, keine Schule machen darf. Die Tarifautonomie ist ein hohes Gut, mit dem alle sehr verantwortungsvoll umgehen müssen. Nach den vergangenen Monaten ist es kein Wunder, dass die Frage laut wurde, ob das Streikrecht womöglich an die Gegebenheiten unserer Zeit angepasst werden muss.“

Mit Agenturmaterial



Source link www.kn-online.de