Wie viel Xabi Alonso dem Anhang von Bayer Leverkusen bedeutet, ist offensichtlich. Die „Xabi-Alonso-Allee“ wurde inoffiziell schon eingeweiht, da fehlte der Werkself noch der entscheidende Schritt zur Meisterschaft. Einige Tage vor der 5:0-Gala gegen Werder Bremen am Sonntag, die den ersten Bundesliga-Titel in der Vereinsgeschichte besiegelte, überklebten Fans das Schild der Bismarckstraße, die direkt an der BayArena vorbeiführt, mit dem Namen des Trainers. Inzwischen prüft die Stadt tatsächlich die Voraussetzungen für die offizielle Benennung einer Straße, eines Platzes oder eines Weges nach Alonso. Mit Abpfiff der Partie gegen Werder, als Tausende von den Rängen auf den Rasen stürmten, blitzte von einem Plakat das Konterfei des neuen Champions mit einer Krone auf dem Kopf, darunter stand „King Xabi“.
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Alonso, der als Spieler zweimal Europa- und einmal Weltmeister mit Spanien wurde, außerdem mit dem FC Liverpool und dem FC Bayern die Champions League gewann, ist für die Leverkusener nichts weniger als eine Heldenfigur. Als er im Herbst 2022 ins Rheinland kam und einen verunsicherten Tabellenvorletzten übernahm, gab es durchaus Zweifel, ob er der richtige Coach zur richtigen Zeit ist. Zuvor hatte der 42-Jährige schließlich lediglich den Nachwuchs von Real Madrid und die zweite Mannschaft von Real Sociedad (2019 bis 2022) trainiert. Zwar führte er seinen Jugendklub zum historischen Aufstieg in die zweite Liga – aber der direkte Sprung ins kalte Wasser beim damaligen Abstiegskandidaten schien ambitioniert.
Die Leverkusen-Fans feierten ihren Trainer als “King Xabi”.
Quelle: IMAGO/Moritz Müller
Doch früh belehrte er die Zweifler eines Besseren. Der Weg ist bekannt: Von Rang 17 führte er Bayer in der Vorsaison noch in die Europa League, nach einer herausragenden Kaderplanung im vergangenen Sommer gelang nun das Meisterstück. Im Europacup winkt zudem das Halbfinale, das Endspiel im DFB-Pokal gegen den Zweitligisten 1. FC Kaiserslautern sollte eine klare Sache werden.
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Am Tag des größten Erfolgs in seiner noch jungen Trainer-Laufbahn bewies Alonso eindrücklich, wieso er diesen unvergleichlichen Heldenstatus besitzt. Beispiele gefällig? Als die Profis die obligatorische Bierdusche auf der Pressekonferenz zelebrierten, feierte der Architekt des Erfolgs erst freudig mit. Nach 45 Sekunden schickte er seine Schützlinge freundlich, aber bestimmt nach draußen, um die ausstehenden Fragen der Reporter zu beantworten. Jubel ja, aber mit Anstand.
„Xabi I.“, wie ihn die spanische Tageszeitung Marca am Montag taufte, unterstrich seine Demut. Erst scherzte der mit Bier Überschüttete: „Mir ist kalt.“ Dann reichte ihm Pressesprecherin Valeska Homburg eine Jacke, ehe Alonso auf die verwies, die den Meistertitel aus seiner Sicht erst möglich gemacht hatten: seine Vorgänger, von denen Alonso einzeln „Christoph Daum, Klaus Toppmöller, Roger Schmidt“ mit dem gewohnt sympathischen Akzent aufzählte, aber danach „auch alle anderen Trainer“ dazunehmen wollte.
Am Spielfeldrand gab es während der Partie ebenso eindrückliche Szenen: Granit Xhaka, einer der im Sommer getätigten Schlüsselzugänge und vorher Torschütze zum 2:0, wurde ausgewechselt. Der Schweizer geriet kurz zuvor mit den Werder-Profis und dem Schiedsrichter-Gespann aneinander, obwohl es da 3:0 stand und eigentlich Party angesagt war. Und Alonso? Wie so oft während einer Partie nahm er den Profi in den Arm, gab ihm einige Worte und einen aufmunternden Klaps mit, ehe Xhaka beruhigt auf die Bank ging.
Der Spanier hat sein Team im Griff. Er harmoniert mit den Vereinsverantwortlichen. Und er muss nichts sagen, um Leverkusens Fans zu entzücken. Als der Meister-Macher sich am späteren Sonntagabend auf dem Balkon der VIP-Loge aber sogar das Mikro schnappte, folgte pure Ekstase. Mitten hinein in „Xabi Alonso“-Gesänge rief er: „Wir wollen mehr – auch Pokal und Europa League!“ Und danach „Deutscher Meister!“
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Auch mit seinem Bekenntnis zum Klub für die kommende Saison hatte er – wieder einmal – Größe bewiesen. Nachdem die Gerüchteküche brodelte und Alonso abwechselnd zu einem seiner ehemaligen Arbeitgeber FC Bayern oder FC Liverpool fabuliert hatte, widerstand der Baske den Verlockungen. Er erklärte: „Ich habe zu beiden Klubs eine starke Verbindung und habe dort gespielt. Ich respektiere sie. Es wäre aber nicht richtig, jetzt über die Klubs zu reden. Ich bin am richtigen Ort.“ Mit genau diesen Auftritten fliegen ihm allerorten die Sympathien zu. Es gibt wohl keinen, der ein schlechtes Wort über ihn verliert.
Alonso paart Charisma und Empathie mit großem Fußballsachverstand. Das bewies er schon als Aktiver bei 494 Erstligapartien in England, Spanien und Deutschland sowie 119 Champions-League-Einsätzen und 114 Länderspielen. All das vereint ergibt das die Meister-DNA von „King Xabi“.