Haidhausen – Wer Probleme hat, im Restaurant einen Teller Gnocchi in korrekter Aussprache zu bestellen, der wird sich im Müller’schen Volksbad die Zunge verknoten.
Dort ist ins einstige Café Stör die italienische Rustikeria eingezogen. Auf der Karte stehen: Schiacciate, frisch belegte Focaccia-Brote. In der Toskana sind sie Hausmannskost. Man isst sie zu Abend wie bei uns das Abendbrot oder auch mal als Vorspeise. Massimo Chiti kommt aus Pistoia in der Toskana. Bei einem Wiesnbesuch lernte er seine Frau Sabine kennen und zog zu ihr nach München. Mit ihren Schiacciate machten sich die beiden in der kleinen Rustikeria im Glockenbachviertel selbstständig. Nun sind sie in das prächtige Jugendstil-Lokal im Müller’schen Volksbad umgezogen.
Rustikeria am Müller’schen Volksbad: “Die Einrichtung ist auch dem besonderen Ort geschuldet”
Ein Jahr lang haben sie zusammen mit einem Architekten den großen Raum mit der hohen Decke aufwendig umgestaltet. “Eigentlich sind wir eher einfach und bodenständig”, erzählt Sabine Chiti. “Die neue Einrichtung hier ist auch dem besonderen Ort geschuldet.” Der Spagat ist ihnen gut gelungen.
Einerseits haben die beiden viele Details im Jugendstil integriert, andererseits die bestehenden Elemente modern ergänzt. Die bunten Lampenkugeln, die wie zufällig hinaufgeworfen von der Decke hängen, haben zum Beispiel die gleiche Form wie die bestehenden Wandlampen im Jugendstil. Daneben hängen moderne blaue Metall-Lampen im Industrie-Design.
Die hohen Wände sind jetzt strahlend weiß und zum Teil mit Stoffmustern im geschwungenen Jugendstil versehen. Das sorgt für eine angenehme Akustik in dem kirchenartigen Raum mit seinem natürlichen Deckenlicht. Die Bar ist aus grauem Stein, ebenso wie die hohen Spiegelbögen dahinter. An den hohen Innenfenstern stehen und hängen viele grüne Pflanzen. “Dafür haben wir ein eigenes Bewässerungssystem entwickelt”, erzählt Chiti.
Was sofort ins Auge sticht, ist das üppige Gemälde “Olympisches Göttermahl” von Jan Brueghel. Es hängt an einer Wand mitten im Raum. Diese wurde neu eingezogen, schottet die Türen zur Toilette ab und dient an der Rückseite als Garderobe. Massimo Chiti ist kein gelernter Koch. Aber in seiner Heimat haben Essen und Lebensmittel grundsätzlich einen höheren Stellenwert als in Deutschland. Chiti hat viel Kochtechnik und Küchenwissen von seiner Familie gelernt.
Pizza und Penne Arrabiata gibt es in der Rustikeria in München nicht
In ihrer ehemaligen, kleineren Rustikeria servierten die Chitis nur ihre Schiacciate und kalte Platten. Alle bestückt mit ganz besonderen Zutaten. Wurst, Schinken und Käse von kleinen Lieferanten, direkt aus der Toskana bezogen. Im Müller’schen Volksbad gibt es jetzt auch warme Küche. Die soll authentisch, aber immer auch besonders sein, betont Sabine Chiti.
Pizza und Penne Arrabiata findet man hier nicht auf der Speisekarte. Dafür Papardelle al Cinghiale (mit Wildschweinragout, 23 Euro) eine Spezialität aus der Toskana, die man in München nur äußerst selten findet. Das Rezept kommt, wie die anderen auch, aus Massimo Chitis Familie. Lasagne von Mamma Elena mit Ragú (16 Euro) oder die dickere Spaghetti-Version Pici mit Pecorino und Cavolo Nero (18 Euro). Auch ausgewählte Fleisch- und Fisch-Gerichte werden serviert. Peposo del Brunelleschi (26 Euro) zum Beispiel, ein geschmortes Pfefferfleisch. Oder Baccalà alla Livornese mit Polentasticks (25 Euro). Die Karte ist nicht überladen, bietet aber genügend Gerichte an, um sich demnächst rund durch die Toskana zu kosten.
Aber Rustikeria-Fans bekommen auch weiterhin ihre Schiacciate, gemischte Platten und Antipasti. Das Foccaccia-Brot kommt von einem Bäcker aus Italien und wird hier fertiggebacken. Belegt wird es vorne im Lokal an der großen Steintheke. Dann können die Gäste zuschauen, wie Chiti und seine Kollegen die köstlichsten toskanischen Spezialitäten frisch an der Maschine schneiden: zum Beispiel Schinken vom toskanischen Waldschwein Cinta Senese, die geschützte Mortadella di Prato, Salsiccia und diverse Würste von Metzgern, die noch selbst schlachten.
Bald wird auch unter der Woche tagsüber geöffnet
Für Vegetarier gibt es auch viele Variationen mit Gemüse und Käse. Dazu wählt man sich den passenden Wein, italienisches Bier oder Spritz. Aktuell hat die Rustikeria unter der Woche nur abends geöffnet. Am Wochenende kann man dort auch tagsüber sitzen. Dann gibt es neben typisch italienischen Dolci auch Kuchen zum Kaffee.
Die Rustikeria hat sich zwar vergrößert, aber sie scheint schon vorher viele Fans gehabt zu haben. Gerade erst eröffnet, ist sie am Wochenende abends meist ausreserviert. Aber mit etwas Glück bekommt man manchmal spontan doch noch einen Platz. Wenn die restlichen Bauarbeiten am Müller’schen Volksbad abgeschlossen sind, öffnet das Lokal auch tagsüber. Das wird eine große Bereicherung für alle Isarspaziergänger.
Rosenheimer Str. 1 (im Müller’schen Volksbad), Di-Fr: 17.30 bis 23 Uhr, Sa-So: 11.30 bis 23 Uhr