Bei der Landratswahl für das thüringische Hildburghausen hat der Neonazi Tommy Frenck die Stichwahl den zweiten Platz und damit die Stichwahl erreicht. Mehr als 8000 Menschen stimmten für den rechtsextremen Politiker, das entspricht rund 25 Prozent.
Dass AfD-Kandidaten bei Landratswahlen in Ostdeutschland stark abschneiden, ist mittlerweile keine Neuheit mehr. Im vergangenen Jahr gewann Robert Sesselmann im thüringischen Landkreis Sonneberg sogar die Wahl. Noch einmal besorgniserregender ist nun aber, dass ein deutschlandweit bekannter Neonazi eine Stichwahl erreicht.
Frenck organisiert Rechtsrock-Festivals und verwendet Nazi-Codes
Frenck stellt seine Nähe zum Nationalsozialismus unverhohlen zur Schau: Im Dorf Kloster Veßra betreibt er einen Gasthof, der für die rechte Szene eine Art Pilgerort ist. Vor dem Lokal weht eine schwarz-rot-weiße Reichsflagge, die Gerichte auf der Karte kosten zum Beispiel 8,88 oder 18,88 Euro – Codes, die auf Adolf Hitler und die Nazi-Parole „Heil Hitler“ anspielen.
Überregional bekannt ist Frenck auch für die Rechtsrock-Festivals, die er organisiert. Außerdem betreibt er einen Online-Shop, in dem es unter anderem Maskottchen des Ku-Klux-Klans zu kaufen gibt. Auf Frencks Hals prangt ein Tattoo mit dem Schriftzug „Aryan“ – also Arier.
Wie kommt es, dass so jemand die Chance hat, Landrat zu werden? Das hat zum einen damit zu tun, dass Frenck sich zwar offen rechtsextrem gibt, aber auch als in der Region verwurzelter „Regionalpolitiker, Unternehmer, Gastwirt und Wohltäter“. So beschreibt der Thüringer Verfassungsschutz Frencks Strategie als Wolf im Schafspelz.
Frenck hatte keine Konkurrenz von der AfD
Zum anderen liegt Frencks Wahlerfolg im Fehlen der AfD begründet. In Hildburghausen konnte sie keinen Kandidaten für die Landratswahl an den Start bringen. Neben Frenck kandidierten die parteilose Kristin Obst, Dirk Lindner von der CDU und Sven Gregor von den Freien Wählern – letzterer gewann die erste Runde der Wahl mit rund 42 Prozent und wird in der Stichwahl gegen Frenck antreten.
Frencks Erfolg zeigt, dass offenbar ein beträchtlicher Teil der Menschen, die möglicherweise für die AfD gestimmt hätten, bereit waren, einen Neonazi zu wählen. Allerdings hat Frenck offenbar auch einen festen Kern von Anhängern: Als er bei der Landratswahl 2018 antrat, erreichte er immerhin schon knapp 17 Prozent.
Man hätte also gewarnt sein können. Dennoch wurde Frencks Kandidatur nicht verhindert. Möglich wäre das gewesen. Denn im Thüringer Kommunalwahlgesetz steht, dass nicht zum Landrat gewählt werden kann, „wer nicht die Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und der Landesverfassung eintritt“.
Hätte Frenck überhaupt antreten dürfen?
Bei Frenck darf das bezweifelt werden. Im Verfassungsschutzbericht steht, dass sich Frencks Wählergemeinschaft „Bündnis Zukunft Hildburghausen“ (BZH) „zur führenden neonazistischen Gruppierung im Landkreis Hildburghausen“ entwickelt hat. Informationen der Verfassungsschützer wurden auch dem Wahlausschuss zugänglich gemacht, der über die Kandidatur Frencks zu entscheiden hatte – wenn auch sehr kurzfristig vor der Abstimmung.
Bei der entscheidenden Abstimmung sprachen sich der Kreiswahlleiter sowie zwei CDU-Vertreter trotzdem für eine Zulassung Frencks aus. Zwei Ausschussmitglieder stimmten dagegen. Möglicherweise hat zweierlei zu dem Ergebnis geführt: Zum einen war Frenck persönlich bei der Abstimmung anwesend, was einschüchternd gewirkt haben könnte.
Zum anderen herrschte womöglich die Furcht vor rechtlichen Konsequenzen. Hätte man Frenck von vorneherein ausgeschlossen, hätte er die Entscheidung anfechten können. Im schlimmsten Fall hätte die Wahl dann wiederholt werden müssen.
Vom Tisch ist die Frage nach Frencks Wählbarkeit aber noch nicht. Sollte er tatsächlich die Stichwahl gewinnen, könnte das Landesverwaltungsamt seine Wählbarkeit erneut prüfen. So war es auch, als in Sonneberg AfD-Kandidat Sesselmann im vergangenen Jahr gewählt worden war.