Ein RAF-Fahndungsplakat: über Jahrzehnte Alltag in der BRD. Heute nutzt die Polizei die KI für ihre Zwecke

Ein RAF-Fahndungsplakat: über Jahrzehnte Alltag in der BRD. Heute nutzt die Polizei die KI für ihre Zwecke

Foto: dpa

Kaum wurde das ehemalige RAF-Mitglied Daniela Klette nach drei Jahrzehnten im Untergrund festgenommen, bedient man sich in der deutschen Presse wieder des üblichen Jargons der Dämonisierung und Vorverurteilung. Die »Tagesschau« etwa titelt in Hinblick auf eine der weiteren Festnahmen, die bislang in der Sache erfolgten, eine Person sei »gefasst« worden: eine Wortwahl, die das Bild eines Täters auf der Flucht zeichnet – obwohl dieselbe Meldung mitteilt, dass der Mann niemals zur RAF gehörte. Die von den Kolleg*innen bei der ARD ebenfalls erwähnte Tatsache, dass der Festgenommene offenbar vor allem das Pech hatte, sich »im richtigen Alterssegment« zu befinden, dient als praktische Erinnerung an die Logik der Fahndung, in deren Fänge schon in den 70er und 80er Jahren keineswegs nur Linke gerieten, sondern auch eine beträchtliche Anzahl bundesrepublikanischer Normalbürger*innen. Diese Tatsache könnte die Bevölkerung durchaus zum Nachdenken über staatliches Treiben anregen. Aber zumindest bei den willigen Denunzianten, deren einer nun auch Klettes Festnahme zu verantworten hat, sind derartige Kompetenzen offenbar nicht vorhanden.

Trotz seiner mit antikommunistischem Furor betriebenen, immer wieder mörderischen Verfolgung der Roten Armee Fraktion hat der deutsche Staat übrigens bis heute keinen einzigen konkreten Tatbestand einer einzelnen konkreten Angeklagten zuordnen können. Die Gefangenen sagten – mit einer einzigen Ausnahme – niemals gegeneinander aus. Das hat allerdings bisher kein Gericht davon abgehalten, alle RAF-Leute, denen jemals der Prozess gemacht wurde, zu langen Haftstrafen zu verurteilen. Das wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch im Fall Klette so sein.

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Die Zeitung »Welt« geht als bereitwillige Propagandistin der deutschen Staatsräson derweil mit der steilen These in Vorleistung, schon im Stammheim-Prozess 1977 sei die Schuld der Angeklagten mit »oft sehr dicht geknüpften Beweisnetzen, welche die damaligen Ermittler erarbeiteten«, hinreichend belegt worden. Und nicht nur das! Der Staat habe im Rahmen seiner damaligen Bemühungen – dies würden die Audioaufnahmen aus Stammheim zeigen – ganz allgemein »das genaue Gegenteil jener Behauptungen« bewiesen, »mit denen Terroristen-Verteidiger [sic!] wie Kurt Groenewold, Hans-Christian Ströbele, Rupert von Plottnitz oder Otto Schily seinerzeit für Aufsehen sorgten«.

Es gehört einiges an absichtsvoller Kaltschnäuzigkeit dazu, historische Fakten wie die Isolationsfolter oder die Kriminalisierung der Verteidigung bis hin zu Festnahmen von Anwälten als »Behauptungen« zu bezeichnen. Und wenn die Gewerkschaft der Berliner Polizei (GdP) verlauten lässt, »dass sich die Gesuchte in Kreuzberg aufhielt, ist ein weiterer Beleg dafür, dass Berlin nach wie vor eine Hochburg für eine gut vernetzte bundesweit und global agierende linksextreme Szene ist«, muss das unbedingt so verstanden werden: Passt auf Euch auf! Denn es gibt kein ruhiges Hinterland. Tanja Röckemann

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