Der Vorschlag des früheren Berliner Regierungschefs Michael Müller (SPD), Strafen für Verstöße gegen Corona-Regeln zu erlassen, trifft in den eigenen Reihen auf Widerstand. “Die Verhältnismäßigkeit einzelner Corona-Maßnahmen kann nicht im Rahmen von Amnestieregelungen geklärt werden”, sagte die rechtspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Sonja Eichwede, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). “Amnestien, also die Aufhebung von rechtskräftig verhängten Strafen oder Bußgeldern, sind in einem Rechtsstaat die absolute Ausnahme. Regeln, auf die wir uns als Gesellschaft einigen, funktionieren nur, wenn sie auch eingehalten werden.”

Der rechtspolitische Sprecher der Grünenfraktion im Bundestag, Helge Limburg, rief die Ordnungsbehörden dazu auf, die bereits
bestehenden Spielräume auszuschöpfen: “Gerade am Anfang der
Pandemie gab es einige Regeln, die aus heutiger Sicht überzogen waren,
etwa dass Menschen zwar im Park spazieren, aber sich nicht allein
auf einer Parkbank sitzend aufhalten durften.” Die Behörden könnten in
solchen Fällen großzügig von ihrer
Möglichkeit Gebrauch machen, noch offene Verfahren einzustellen. Das gelte insbesondere bei geringfügigen Erstverstößen, sagte Limburg.

Die Unions-Fraktion im Bundestag positionierte sich ebenfalls deutlich gegen Müllers Vorschlag. “Eine Amnestieregelung – wie sie Michael Müller nun ins Spiel bringt und auch bereits von der AfD in Mecklenburg-Vorpommern gefordert wurde – lehne ich ab”, sagte der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Günter Krings (CDU). 

“Eine nachträgliche Massen-Amnestie durchkreuze das Gewaltenteilungsprinzip und greife die Stabilität unseres Rechtsstaates an, sagte Krings. Er verwies darauf, dass durch den Straferlass das Handeln von Richtern, Staatsanwälten, Polizisten und anderen Beamte infrage gestellt würde. “Sie haben vollkommen korrekt gearbeitet und würden jetzt so hingestellt, als hätten sie etwas falsch gemacht.”



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