Sieht sich bereits als künftigen Bundeskanzler: Friedrich Merz am 6. Mai nach seiner Parteitagsrede

Sieht sich bereits als künftigen Bundeskanzler: Friedrich Merz am 6. Mai nach seiner Parteitagsrede

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Grundsicherung statt »bedingungsloses Grundeinkommen«, wie die CDU das Bürgergeld nennt – das ist eine zentrale Forderung im neuen christdemokratischen Grundsatzprogramm. Diesen Dienstag soll es auf dem Parteitag beschlossen werden, der am Montag in Berlin begonnen hat. Friedrich Merz, der sich ohne Gegenkandidat mit knapp 90 Prozent der gültigen Delegiertenstimmen im Amt des Parteivorsitzenden bestätigten ließ, sagte zum Auftakt der Delegiertenkonferenz: »Wir brauchen eine Agenda für die Fleißigen.«

Für abhängig Beschäftigte hat die CDU diesbezüglich nicht mehr zu bieten als die FDP: Steuerfreiheit für bezahlte Überstunden. Dabei hatte der Deutsche Gewerkschaftsbund erst kürzlich vorgerechnet, dass nicht die Steuern auf bezahlte Überstunden das Problem sind, sondern der große Umfang unbezahlter Mehrarbeit: 58 Prozent statistisch erfassten Überstunden wurden 2023 unentgeltlich geleistet.

Auch in Sachen Bürgergeld hat die CDU nichts anderes als die FDP auf Lager. Sie will es in »Grundsicherung« umbenennen und sofort drastisch kürzen, sobald ein Erwerbsloser eine »zumutbare« Arbeit ablehnt. Merz: »Wir werden das notwendige Sicherheitsversprechen unseres Sozialstaates nur erhalten können, wenn wir Leistungsbereitschaft fördern.« Gemeint ist damit das Strafen vermeintlicher Verweigerer. In Deutschland gebe es viel Leistungsbereitschaft, »vorausgesetzt, wir ermutigen die Menschen«, sie zu zeigen, meinte Merz. Sozialpolitik, die Menschen »zur Selbstverantwortung befähigt«, sei »kein Angriff auf den Sozialstaat und kein Sozialabbau«, sondern »Voraussetzung dafür, dass unser Sozialstaat wieder funktionieren kann«.

Merz zitierte auch Karl-Josef Laumann, Chef des Arbeitnehmerflügels der Union. Er hatte bei der Vorstellung des neuen Grundsicherungskonzepts der CDU im April etwas verschämt formuliert: »Wir müssen mit Bedacht und Maß Solidarität und Eigenverantwortung neu justieren.«

Dagegen sprach Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner in seinem Grußwort zur Eröffnung des Parteitags sehr direkt aus, worum es der CDU geht, nämlich darum, erneut die Schwächsten zu Sündenböcken für Probleme im Land zu machen. Die Antwort seiner Partei auf Armut von Kindern und Alleinerziehenden dürfe »nicht lauten: Wir fördern Faulheit durch mehr Bürgergeld«, rief Wegner den Delegierten zu.

Die zweite Personengruppe, für die die CDU besondere Pläne hat, sind Menschen, die aktuell »irregulär« nach Deutschland kommen. Für sie sieht das neue Grundsatzprogramm vor, dass sie von vornherein in einen »sicheren Drittstaat« verbracht werden und nicht nach Deutschland kommen. Denn, so der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst: »Wir haben ein großes Herz, aber nicht mehr die Fähigkeit, noch mehr Menschen zu integrieren.« Sein Fazit: »Wir wollen irreguläre Migration nicht eindämmen, sondern beenden.«

Die Kritik an dem Vorhaben der CDU, in Deutschland das sogenannte Ruanda-Modell einzuführen, also Geflüchtete sofort in ein anderes Land zu verbringen, wird indes immer lauter. Am Montag veröffentlichten mehr als 700 evangelische und katholische Pfarrerinnen, Pfarrer und andere Theologen eine Stellungnahme, in der sie die asylpolitischen Pläne der CDU verurteilen. Die Verlagerung von Asylverfahren in Drittstaaten sei »gegen jedes Recht«, heißt es in dem Papier der Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche. Und weiter: »Nichts ist unchristlicher als Menschen in Not zurückzulassen und sich der eigenen Verantwortung billig zu entledigen. Nichts ist der Jesuanischen Botschaft fremder als Nationalismus, ethnische Arroganz und deutsche Leitkulturen.«

Davon lässt man sich allerdings nicht beirren. Vielmehr postulierte der nun mit Parteitagsmandat versehene Generalsekretär Carsten Linnemann, Richtschnur des eigenen Handelns bleibe das »christliche Menschenbild«.

In Linnemanns Rede wurde die Abgrenzung von und Kritik an Altkanzlerin Angela Merkel und ihr politisch nahestehenden Personen besonders deutlich. »Wir waren auch inhaltlich in vielen Bereichen total entkernt«, beklagte er. Nun sei man aber wieder da, als »CDU pur«, die sich »nicht von irgendwelchen verrückten Linken in eine Ecke treiben« lasse.

Wie zuvor Merz lobte Linnemann ausdrücklich den Thüringer CDU-Vorsitzenden Mario Voigt für dessen »Mut«, sich der im TV-Duell der Auseinandersetzung mit dem AfD-Spitzenkandidaten zur Thüringer Landtagswahl, Björn Höcke zu stellen. Nach Ansicht des Generalsekretärs hat Voigt sein Gegenüber argumentativ zusammengefaltet. Als Merz Voigt dankte, war im Parteitags-Livestream kurz die frühere Bundesfamilienministerin Rita Süßmuth zu sehen. Sie war die einzige, die nicht applaudierte.

Merz gab sich auch ein wenig selbstkritisch. Viel zu lange habe seine Partei die vom Rechtsextremismus ausgehende Gefahr unterschätzt, sagte er – um sogleich hinzuzufügen, dies dürfe im Umgang mit dem Islamismus nicht noch einmal passieren. Außerdem bekräftigte der Partei- und Fraktionschef einmal mehr, es werde eine Zusammenarbeit mit der AfD ebensowenig geben wie mit »Parteien des linken Populismus«.

Außenpolitisch machte Merz im übrigen klar, dass Freiheit für ihn und seine Partei ein höheres Gut als Frieden ist. Denn: »Frieden ohne Freiheit ist kein Frieden.« Mithin müsse Deutschland dauerhaft mehr Geld für die Verteidigung ausgeben, selbstredend, ohne neue Kredite aufzunehmen. Auch hier stimmt die CDU zu 100 Prozent mit der FDP überein. In Sachen Mehrausgaben fürs Militär haben indes auch Grünen-Politiker mindestens eine Verdopplung des Sondervermögens gefordert. Und SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius verlangte bereits, dass der Wehretat dauerhaft oberhalb der von der Nato vorgegebenen Marke von zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen müsse.





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