Caren Miosga ist auf dem Weg, die wichtigste Talkshow im deutschen Fernsehen zu moderieren. Ihr und ihrem Team gelingt es – nicht jede Woche, aber fast jede Woche -, die entscheidenden Gesprächspartner ins Studio zu bekommen. Inzwischen hält sie als Moderatorin inmitten all ihrer Freundlichkeit auch eine klare Gesprächsführung durch. Das zeigt sie in besonderem Maß im Gespräch mit Annalena Baerbock. Immer wieder fährt sie der Bundesaußenministerin in ihre Kommunikationspläne. Wie präsentiert sich Baerbock?

„Ein perfides Spiel mit der Angst“

Die 43-Jährige ist bemüht, sich als die Ministerin vor Ort vorzustellen. Vor 14 Tagen war sie zuletzt in der Ukraine, das schon zum sechsten Mal. Plötzlich flog über ihr und dem Konvoi eine russische Aufklärungsdrohne. Häufig folgten dann gezielte Angriffe. Bunker war keiner in der Nähe. „Wir sind sehr schnell in gepanzerte Autos“, berichtet die Bundesaußenministerin. Und ordnet ihr persönliches Erleben gleich ein: „Es ist auf maximale Einschüchterung fokussiert. Es ist ein perfides Spiel mit der Angst.“ 

Ganz ähnlich zeigt sich Annalena Baerbock, als es um Israel geht und die Hamas. „Als Mutter zweier Kinder“, so wörtlich, hat sie für die Freilassung der israelischen Geiseln appelliert. „Ich konnte nicht anders“, sagt die Außenministerin. Und sie fügt hinzu: „Ich habe mir geschworen, man macht eine andere Politik. Ich glaube, dass man Menschen anders erreicht.“

„Ich frage, wo ist da der Papst?“

Da fährt ihr Caren Miosga sehr entschieden in die Parade: „Können wir zurück zur Ukraine kommen!“ Tatsächlich führt die Moderatorin mit ihrer Gesprächsführung zu klaren Positionen. Es ist der Tag, an dem Papst Franziskus in einem Interview für die weiße Fahne der Ukraine plädiert hat. Die Kritik der Bundesaußenministerin am Kirchenoberhaupt könnte kaum deutlicher ausfallen. „Ich habe mich wirklich gewundert, was der Papst sich gedacht hat“, schüttelt Baerbock den Kopf. 

„Ich versteh’s nicht, ich versteh’s wirklich nicht.“ Und sie erzählt von einer 16-Jährigen, die sie selber in der Ukraine kennengelernt hat, die nach Russland verschleppt wurde. Sie berichtet vom Spielzeug, das in einem von russischen Waffen zerstörten Kindergarten noch auf dem Boden lag: „Ich frage mich, wo ist da der Papst?“

Frage nach der SPD bringt Baerbock in Schwierigkeiten

Wenig später holt die Moderatorin Annalena Baerbock wieder zurück zu ihrem Thema. Sie will wissen, wie sie den Koalitionspartner in der Ampel-Regierung in dieser außenpolitischen Auseinandersetzung erlebt: „Ich fragte Sie nach der SPD…“ Das bringt die Außenministerin in Schwierigkeiten. „Vor Wahlen braucht man Stimmungen“, sagt Baerbock, „das weiß Putin. Da Putins Strategie ist, Demokratien zu spalten, werde ich nicht die SPD kommentieren.“ 

Doch auch da macht es Miosga ihrem Talkgast nicht so einfach. Die SPD positioniere sich als Friedenspartei, Olaf Scholz habe ein Machtwort gesprochen in Sachen Taurus-Lieferung. „Wenn man dem Kanzler zuhört, ich tue das jeden Tag“, sagt da zwar seine Außenministerin. Doch dann schlägt sie eine ganz andere Lösung vor, um die Politik des Regierungschefs zu unterlaufen: „Ein Ringtausch wäre eine Option.“ Und mehr noch: „Wir müssen klug sein, nicht naiv“, positioniert sie sich gegen die SPD: „Die Front rückt weiter zu uns.“

„Warum lassen wir die in Moskau nicht schwitzen?“

An der Stelle bekommt die Bundesaußenministerin Unterstützung vom Journalisten Michael Thumann. Der bestätigt: „Putin versucht, maximale Verunsicherung zu verbreiten. Die Bundesregierung macht den Fehler, viel zu viel zu erzählen, was wir machen oder nicht machen. Warum lassen wir Taurus nicht einfach offen und lassen die in Moskau schwitzen?“ 

Und Annalena Barbock greift den Ball sehr bereitwillig auf – um ihre Kritik am Kanzler noch deutlicher zu machen: „Ich teile die Analyse. Wenn Putin weiß, wovor wir Angst haben, ist das ein sehr einfaches Spiel.“ 

Ganz zum Schluss schwadroniert die Bundesaußenministerin, wie viel „das belächelte Europa“ doch in Zeiten des Ukraine-Krieges schon hinbekommen habe. Und wieder einmal macht sich die Moderatorin an die Blutgrätsche. „Tschuldigung, dass ich da reingehen muss“, sagt Caren Miosga und erinnert an die überaus öffentlich ausgetragenen Meinungsverschiedenheiten in sehr grundsätzlichen Positionen zwischen Deutschland und Frankreich, Olaf Scholz und Staatspräsident Emmanuel Macron. Und so muss Annalena Baerbock nicht mit einer Lobhudelei schließen, sondern mit einem Bekenntnis : „Ja, es lief auch schon mal besser.“





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