Nach langem Ringen hat das Cannabisgesetz nun auch die Länderkammer passiert. Damit ist der Weg frei für eine Alternative zur gescheiterten Verbotspolitik.
Selten erhielt eine Sitzung des Bundesrats so große Aufmerksamkeit. Schon eine halbe Stunde vorher, am Freitagvormittag, war die Website zusammengebrochen. Bei Youtube konnte man die Sitzung live verfolgen, Tausende fluteten die Kommentarspalte mit grünen Herzen und Brokkoli-Emojis.
Nachdem der Bundestag im Februar das Gesetz zur Freigabe von Cannabis verabschiedet hatte, war die Zuversicht groß, dass ab 1. April straffrei gekifft werden könne. Dem Cannabis Social Club Chemnitz sei seitdem „die Bude eingerannt“ worden, sagt der Vorsitzende Martin Sinang. Doch dann drohte es nochmal knapp zu werden. Die Club-Mitglieder und viele andere blickten deshalb am Freitag gespannt auf die Abstimmung im Bundesrat.
Bevor das Cannabisgesetz gültig wird, musste es nämlich den Bundesrat passieren. Da es sich nicht um ein Zustimmungsgesetz im Sinne des Grundgesetzes handelt, mussten die Länder dem Gesetz zwar nicht aktiv zustimmen. Allerdings konnten sie Einspruch erheben und einen Konsens im Vermittlungsausschuss (VA) mit dem Bund verhandeln. Dafür brauchen die Länder eine absolute Mehrheit.
Wie es ausgeht, war völlig offen. Nicht nur die Union, die von Beginn an das Gesetz ablehnte, äußerte vorab Kritik. Das Gesetz sei in der Umsetzung problematisch, darin stimmten in Teilen auch prominente Grünen- und SPD-Landespolitiker*innen zu.
Der Legalisierung von Drogen werde er auf keinen Fall zustimmen, erklärte Sachsens Regierungschef Kretschmer in der Debatte. Mit dem Gesetz würde die „Büchse der Pandora“ geöffnet. Er kündigte am Sonntag zuvor auf X an: „Mein Ziel ist es, dass das Gesetz nie wieder aus dem VA herauskommt.“ Seine Aussagen erschütterten in Teilen das Vertrauen, dass der Ausschuss verfassungstreu wirklich an einer Verbesserung des Gesetzes arbeiten würde.
Bekämpfung des Schwarmarktes im Vordergrund
In der Debatte ging es auch um die konkreten Sorgen der Länder, vor allem um die Belastung der Justiz. Im Bundesrat haben sowohl der federführende Gesundheitsausschuss als auch der Innen- und Rechtsausschuss für die Anrufung des VA gestimmt. Der Gesundheitsausschuss der Länder hielt die Mengenbegrenzung für zu hoch, der Innenausschuss sorgte sich vor „Cannabisplantagen“ und wollte den Konsum im öffentlichen Raum noch weiter einschränken.
Größter Kritikpunkt waren die Sorgen der Justiz. Das Gesetz sei ein „Bürokratiemonster“, hieß es die Wochen zuvor, und würde Justiz und Polizei immens belasten. Vor allem die rückwirkende Amnestieregelung sei eine „enorme Herausforderung“ für eine Justiz, die ohnehin schon an ihrer Belastungsgrenze arbeite, sagte der grüne Justizminister aus NRW, Benjamin Limbach. Die Amnestie sei grundsätzlich richtig, aber es hätte etwa eine Übergangszeit gebraucht.
Lauterbach verteidigte das Gesetz und stellte die Bekämpfung des Schwarzmarktes in den Vordergrund. Er habe versucht, viele der Kritikpunkte der Länder in seiner Protokollerklärung umzusetzen. Man werde nach Start die Freigabemengen und Mindestabstände evaluieren, der Kinder- und Jugendschutz solle ausgebaut und Maßnahmen ergriffen werden, um Großanbauflächen zu verhindern.
Letztlich blieb die Sorge der Befürworter des Gesetzes unbegründet. Nur wenige Länder stimmen für einen VA, darunter Bayern und das SPD-geführte Saarland. Die Mehrheit enthielt sich. Ungewöhnlich war Sachsens Stimmabgabe. CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer stimmte entgegen seinen Koalitionspartnern für den Ausschuss. SPD und Grünen stimmten für die Enthaltung des Freistaats. Daher wurden die sächsischen Stimmen für ungültig erklärt. Die Länder müssen eigentlich geschlossen abstimmen.
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Mit dem Cannabisgesetz steht nun erstmals ein alternativer Weg offen zur bisherigen, gescheiterten Verbotspolitik. Die Teillegalisierung erfolgt in zwei Schritten. Ab dem 1. April wird der Eigenanbau und begrenzt der Konsum im öffentlichen Raum legalisiert. Zudem soll eine Amnestie auch rückwirkend für laufende Fälle gelten. Im zweiten Schritt werden im Juni dann nichtkommerzielle Anbauvereinigungen, die Cannabis an ihre Mitglieder verkaufen dürfen, erlaubt.
Karl Lauterbach wird online von einigen gefeiert, ein „Ehrenmann“. Und auch Martin Sinang aus dem Anbauverein Chemnitz kann optimistisch in die Zukunft schauen. Der Verein steht längst in den Startlöchern: Produktionshalle, Büroflächen, die Lieferanten für Beleuchtung, Lüftung und Pflanzen – all das sei geregelt. Wenn alles nach Zeitplan geht, kann der Verein wohl ab September erstmals Cannabis ausgeben.