Eine Straßenbahn der Linie M4 fährt in der Berliner Allee Richtung Hackescher Markt.

Eine Straßenbahn der Linie M4 fährt in der Berliner Allee Richtung Hackescher Markt.

Foto: dpa/Soeren Stache

Fahrgäste der Straßenbahnlinie M4 können sich den 8. Juli schon einmal im Kalender markieren. Denn ab jenem Montag in knapp einem Monat werden die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) endlich wieder mehr Fahrten im Berufsverkehr morgens und abends anbieten. Das geht aus einem Newsletter der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi für Straßenbahn-Fahrpersonal hervor, der »nd« vorliegt.

Alle vier Minuten sollen dann zu den Stoßzeiten die 54 Meter langen Züge im Kernabschnitt zwischen dem Hackeschen Markt in Mitte und dem Prerower Platz in Hohenschönhausen fahren. Das ist auch dringend notwendig. Zwar ist die einstmals meistgenutzte Straßenbahnlinie im Berliner Netz inzwischen von der Linie M10 zwischen Friedrichshain und Moabit mit nun 113 000 Fahrgästen täglich abgelöst worden. Doch auch auf der M4 liegen die Fahrgastzahlen sicherlich im sechsstelligen Bereich.

»Aus unserer Sicht ist das ein erfreulicher, aber eben auch seit Langem überfälliger Schritt. Die M4 ist die Schienen-Magistrale zwischen Hohenschönhausen, Weißensee und dem Zentrum schlechthin und eine wichtige Zubringerlinie zur Ringbahn«, sagt Christian Linow zu »nd«. Er ist Sprecher des Berliner Fahrgastverbands IGEB.

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Möglich wurde die Verdichtung des Angebots laut Verdi-Infobrief, weil Baustellen entlang der Linie weitergezogen seien. Die Lage habe sich seitdem dort »deutlich entspannt«, heißt es. Es habe auch »großen Druck« der Senatsverkehrsverwaltung auf die BVG gegeben, auf der M4 wieder mehr Angebot zu fahren, wird weiter berichtet.

Im Februar hatte die BVG das Angebot im Kernabschnitt der Linie auf einen Fünf-Minuten-Takt ausgedünnt. Bestellt ist vom Land Berlin eigentlich ein Drei- bis Vier-Minuten-Takt. Künftig fahren immerhin wieder 15 statt bisher zwölf Züge pro Stunde und Richtung, was die Kapazität auf 4500 statt derzeit 3600 Fahrgastplätze pro Stunde erhöht.

Schon seit Jahren sei der eigentlich vom Land bestellte Takt nicht gefahren worden, sagt Fahrgastlobbyist Linow. »Die Taktausdünnung – oder wie es die BVG nennt: Taktanpassung – Anfang dieses Jahres war von daher nur die Spitze des Eisbergs.« Die IGEB begrüße das »Einlenken der BVG«. Man hoffe, »dass das nur der Auftakt ist, die fahrpersonalbedingten Angebotsverschlechterungen schrittweise zurückzunehmen«.

Bekanntlich sind seit dem Fahrplanwechsel im letzten Dezember rund sechs Prozent des BVG-Busangebots gestrichen. Nur in homöoptahischen Dosen gab es Verbesserungen. BVG-Betriebsvorstand Rolf Erfurt konnte gegenüber »nd« am Rande eines öffentlichen Termins Ende Mai keinen Termin für eine Rückkehr zum eigentlich bestellten Angebot nennen. »Immerhin haben wir seitdem praktisch keine Ausfälle mehr wegen Fahrpersonalmangels«, sagte er. Man könne somit wenigstens ein verlässliches Angebot fahren. BVG-intern machen Gerüchte die Runde, der Sparfahrplan sei der »neue Normalfahrplan«.

Dass möglicherweise der Senat auch kein gesteigertes Interesse haben könnte, zum ursprünglich im Verkehrsvertrag bestellten Leistungsvolumen zurückzukehren, ließ SPD-Finanzexperte Torsten Schneider am vergangenen Donnerstag in der Plenardebatte des Abgeordnetenhauses zu den Berliner Haushaltskürzungen durchblicken. Wird weniger gefahren, muss auch weniger bezahlt werden. »Ich glaube nicht, dass man umhinkommt, sich das noch einmal anzusehen«, erklärte Schneider. Und weiter: »Da steckt eine Milliarde Euro drin. Eine grüne Fantasiepolitik; lauter Fata Morganas.«

Bereits im laufenden Haushalt wird der Etat des landeseigenen Ampel-Dienstleisters Infrasignal um fast zehn Prozent gekürzt, was knapp 2,2 Millionen Euro entspricht. Damit dürfte auch der jahrelange Stillstand bei der Umprogrammierung von Ampeln zur Beschleunigung von Straßenbahnen und Bussen trotz gegenteiliger Ankündigungen weitergehen. Allein auf der Linie M4 sank das Durchschnittstempo von 2020 bis 2022 von 17,8 auf 17,2 Kilometer pro Stunde.





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