Das kommende Jahr gilt mit Blick auf den Haushalt als schwierig, da eine Lücke von rund 20 Milliarden Euro gefüllt werden muss. Die wahren Probleme kommen aber erst 2028, denn zu diesem Zeitpunkt wird das Sondervermögen der Bundeswehr von 100 Milliarden Euro aufgebraucht sein.
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Deshalb muss der Verteidigungshaushalt in einem Schritt um gut 35 Milliarden Euro anwachsen, um das Zwei-Prozent-Ziel der Nato weiterhin zu erfüllen. Zugleich beginnen 2028 die Tilgungszahlungen für das Bundeswehr-Sondervermögen und die Corona-Kredite, die den Bundeshaushalt zusammen mit jährlich mehr als 12 Milliarden Euro belasten. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat aber schon eine Idee, wie das Loch von fast 50 Milliarden Euro gestopft werden kann. Er will die Schuldentilgung strecken. Doch nun macht ihm der Bundesrechnungshof (BRH) einen Strich durch die Rechnung. „Davon halten wir nichts“, erklärte BRH-Präsident Kay Scheller am Dienstag.
Lindner hatte argumentiert, bei disziplinierter Haushaltsführung werde die Schuldenquote des Staates 2028 wieder unter den in der EU vorgeschriebenen 60 Prozent der Wirtschaftsleistung liegen. Dann sei eine Tilgung der Notlagenkredite von zusammen rund 300 Milliarden Euro aus den Jahren 2020, 2021 und 2022 in dem bisher geplanten Maß unnötig. Der Finanzminister will daher den Zeitraum der Tilgung – geplant sind 30 Jahre – weiter ausdehnen, um mehr Spielraum im Haushalt zu bekommen.
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„Künftige Generationen werden belastet“
Der Bundesrechnungshof bringt nun jedoch mehrere Argumente dagegen vor. „Durch die Streckung der Tilgung würde der Zinsaufwand nach hinten verschoben und vergrößert“, beklagte BRH-Präsident Scheller. „Damit werden die Generationen belastet, die heute Kinder sind oder noch gar nicht geboren wurden“, mahnte er und forderte: „Wir plädieren sehr dafür, dass die Belastung die gegenwärtige Generation erfasst und nicht weiter in die Zukunft verschoben wird.“ Sein Fazit: „Das ist aus unserer Sicht keine Lösung.“
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Ein weiteres Argument des Rechnungshofes: Es sei gar nicht das Verdienst des Bundes, dass sich die gesamtstaatliche Schuldenquote wieder in Richtung 60 Prozent bewege. Das liege vielmehr an den Ländern und Sozialversicherungen, während die Schuldenquote des Bundes wieder wachse. „Wir sehen deshalb hier diesen Spielraum nicht“, sagte der oberste Rechnungsprüfer und warnte vor weiter steigenden Zinslasten.
Auch an der Haushaltsplanung für das kommende Jahr übte Scheller Kritik. Konkret beklagte er, dass Lindner erneut auf das sogenannte Eckwertverfahren verzichtet hat. Dabei werden vor Beginn der Haushaltsberatungen durch den Finanzminister die finanziellen Rahmendaten festgelegt.
Lindner nutzt als Maßstab hingegen den im vergangenen Sommer vom Kabinett beschlossenen Finanzplan bis 2027. Dabei handele es sich allerdings um eine veraltete Planung, beklagte BRH-Präsident Scheller. Es müsse zudem befürchtet werden, dass es nun wieder zu einem ungeordneten Verfahren komme, statt die Haushaltsprobleme strukturiert anzugehen. „Es besteht die Gefahr, dass es wieder in einem Klein-Klein, in einem Hickhack endet“, warnte der BRH-Präsident.
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Kay Scheller, Präsident des Bundesrechnungshofes.
Quelle: Wolfgang Kumm/dpa
Der Bundesrechnungshof warnte erneut davor, die Schuldenbremse anzutasten. „Das Ausweichen in immer neue Schulden ist keine geeignete Option zur Lösung der immer drängenderen und kumulierenden Probleme“, so der BRH-Präsident. Er wandte sich auch gegen neue Notlagenerklärungen und Sondervermögen. „Das Sondervermögen Bundeswehr sollte die absolute Ausnahme sein“, so der oberste Rechnungsprüfer.
Scheller forderte stattdessen, klimaschädliche Subventionen abzubauen, deren Umfang er auf rund 18 Milliarden Euro beziffert. Er schlug zudem vor, die Zahl der mit dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent belegten Waren zu reduzieren. Nötig sei ein „durchgreifender Konsolidierungsplan, der alle gesellschaftlichen Gruppen berücksichtigt und der es allen ermöglicht, sich auf Belastungen rechtzeitig einzustellen“, mahnte der Rechnungshof-Präsident mit Blick auf die kurzfristigen Kürzungsbeschlüsse der Ampelkoalition im Agrarsektor.