Nicht nur die Cannabis-Legalisierung und ein milliardenschweres Wachstumspaket für Unternehmen hat am Freitag im Bundesrat eine Mehrheit gefunden. Die Länder gaben außerdem grünes Licht für den Abbau von Subventionen beim Agrardiesel und den Qualitäts-Atlas für Krankenhäuser. Zusätzlich billigten sie das zweite Haushaltsfinanzierungsgesetz, das unter anderem verschärfte Sanktionen beim Bürgergeld und geringere Zuschüsse des Bundes zur gesetzlichen Rente vorsieht. Keine Mehrheit fand hingegen der Entwurf der Ampel zum neuen Onlinezugangsgesetz.

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Trotz der massiven Proteste der Landwirte in den vergangenen Wochen entschied sich der Bundesrat dafür, die Subventionen für den Agrardiesel zu kürzen. Das entsprechende Gesetz wird demnach nicht in den Vermittlungsausschuss verwiesen. Ersatzweise kündigte die Bundesregierung ein Maßnahmenpaket zur Unterstützung der Landwirtschaft an. Man habe sich bereits auf einzelne Punkte verständigt, sagte die parlamentarische Staatssekretärin im Finanzministerium, Katja Hessel (FDP), vor der Länderkammer.

In einer Protokollerklärung, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, wurden zehn Punkte genannt, die „zügig umzusetzen“ seien: Dazu gehört etwa die Reduzierung von Auflagen und unnötiger Bürokratie. Außerdem soll die sogenannte Tarifglättung für sechs Jahre wieder eingeführt werden. Bei der Berechnung der Einkommensteuer wird dann nicht nur ein Steuerjahr herangezogen, sondern mehrere. Dadurch können Ertragsausfälle zum Beispiel durch extremes Wetter ausgeglichen werden.

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Weil: Agrardiesel war nicht Ursache für Proteste

Um eine Milliardenlücke im Bundeshaushalt zu stopfen, hatte die Ampel-Koalition einen Abbau dieser Subventionen für Landwirtinnen und Landwirte beschlossen. Bisher können sich Betriebe die Energiesteuer für Diesel teilweise zurückerstatten lassen – mit einer Vergütung von 21,48 Cent pro Liter. Das soll schrittweise verringert werden. Für im Jahr 2026 verbrauchte Mengen soll es keine Subventionen mehr geben.

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Niedersachsens Ministerpräsident Stefan Weil (SPD) betonte: „Der Agrardiesel war der Auslöser der Proteste, der Agrardiesel ist nicht die Ursache.“ Die schlechte Lage der Landwirte dürfe nicht darauf reduziert werden. Unter anderem gebe es eine Überregulierung: Die Bauern verbrachten inzwischen mehr Zeit im Büro als auf dem Feld und im Stall. Die Bundesregierung habe sich auf einen hoffnungsvollen Weg gemacht, das zu ändern – jetzt müsse es auch Ergebnisse geben.

Bauernverband will weiterkämpfen

Der Landwirtschaftsminister von Baden-Württemberg, Peter Hauk (CDU), sagte, die von der Bundesregierung in Aussicht gestellten Entlastungen reichten nicht aus. Er setzte sich weiterhin dafür ein, die Kürzungen beim Agrardiesel zurückzunehmen. Und auch der Bauernverband betonte, der Kampf um den Agrardiesel sei noch nicht vorbei. Zwingend sei jetzt eine Entlastung für die Landwirtschaft mindestens im gleichen Umfang. „Die Wettbewerbsfähigkeit unserer heimischen Landwirtschaft im europäischen Binnenmarkt so massiv zu schwächen, ist vollkommen inakzeptabel“, erklärte Verbandspräsident Joachim Rukwied. Mindestens bis zur Bundestagswahl 2025 werde das Thema weiter eine Rolle spielen.

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Bundestag beschließt umstrittenes Wachstumspaket für Unternehmen

Der Bundestag hat das umstrittene Wachstumspaket für Unternehmen in abgespeckter Form beschlossen. Ob es nun durch den Bundesrat kommt, bleibt fraglich.

Neben dem Subventionsabbau haben die Länder außerdem den Weg für das sogenannte „Transparenzverzeichnis“ der Ampel-Koalition freigemacht, das der Bundestag zuvor beschlossen hatte. Dieser staatliche Online-Atlas soll bald in ganz Deutschland über Leistungen und Behandlungsqualität der bundesweit 1700 Klinikstandorte Auskunft geben. Konkret soll voraussichtlich vom 1. Mai an zu erkennen sein, welches Krankenhaus welche Leistungen anbietet.

Transparenzverzeichnis erst im zweiten Anlauf gebilligt

Der Bundesrat ließ das Gesetz nun im zweiten Anlauf durchgehen, nachdem er es im November zunächst abgebremst und in den Vermittlungsausschuss mit dem Parlament geschickt hatte. Karl Lauterbach (SPD) hatte in dem Gremium verschiedene Maßnahmen zur finanziellen Unterstützung für die Kliniken zugesichert. Der Bundesgesundheitsminister machte im Bundesrat deutlich, dass er Transparenz für dringend erforderlich halte. Ungefähr ein Drittel der Krebspatienten werde derzeit nicht dort behandelt, wo optimale Ergebnisse zu erwarten wären.

Grünes Licht fürs Cannabisgesetz: Die positiven Folgen werden sich langfristig zeigen

Der Bundesrat gibt das Hanf frei und verzichtet auf die Anrufung des Vermittlungsausschusses, mit einer besonderen sächsischen Kapriole. Die Entkriminalisierung von Cannabis ist zeitgemäß und zukunftsweisend, meint Jan Sternberg – warnt aber auch vor übertriebenen Hoffnungen.

Abrufbar sein sollen auf dem Portal Daten zu Fallzahlen, also der Behandlungserfahrung, zum Personalschlüssel bei Fachärztinnen, Fachärzten und Pflegekräften sowie zu Komplikationsraten ausgewählter Eingriffe. Die Angaben sollen übersichtlich und allgemeinverständlich sein und aktualisiert werden, wie das Ministerium erklärte. Für das Verzeichnis sollen die Kliniken zusätzliche Daten melden müssen.

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Zweites Haushaltsfinanzierungsgesetz kann kommen

Das Gesetz sieht auch mehrere Regelungen vor, um die Liquidität der Kliniken zu stärken. Unter anderem sollen Lohnsteigerungen frühzeitig von den Kassen refinanziert werden. Das Gesetz soll eine grundlegende Reform zur Neuaufstellung der Kliniken mit Änderungen bei der Finanzierung ergänzen, an der Bund und Länder derzeit arbeiten. Lauterbach stellte dafür einen „Transformationsfonds“ in Aussicht, für den 50 Milliarden Euro von 2025 an für zehn Jahre geplant seien – je zur Hälfte finanziert vom Gesundheitsfonds als Geldsammel- und Verteilstelle der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) sowie von den Ländern.

Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin des Innern und für Heimat, gibt ein Statement auf der Fraktionsebene im Bundestag, unter anderem zu der Entscheidung des Bundesrats gegen das neue Onlinezugangsgesetz.

Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin des Innern und für Heimat, gibt ein Statement auf der Fraktionsebene im Bundestag, unter anderem zu der Entscheidung des Bundesrats gegen das neue Onlinezugangsgesetz.

Außerdem hat der Bundesrat bei seiner zweiten Plenarsitzung im laufenden Jahr das zweite Haushaltsfinanzierungsgesetz gebilligt. Das Gesetz ist eine Konsequenz des Verfassungsgerichtsurteils vom vergangenen Herbst, das eine Milliardenlücke in die Ausgabenpläne des Bundes gerissen hatte. Es beinhaltet unter anderem verschärfte Sanktionen beim Bürgergeld und die Abschaffung des Bürgergeldbonus: Zukünftig dürfen Jobcenter den Regelbedarf für zwei Monate komplett streichen, wenn sich Arbeitssuchende weigern, eine zumutbare Arbeit aufzunehmen.

Keine Mehrheit für Onlinezugangsgesetz

Außerdem sinkt der Bundeszuschuss zur gesetzlichen Rentenversicherung um jeweils 600 Millionen Euro für die Jahre 2024 bis 2027. Zuletzt billigte der Bundesrat die Erhöhung der Luftverkehrssteuer, also steigendende Abgaben für Airlines, die von deutschen Flughäfen abfliegen.

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Bundestag beschließt begrenzte Cannabis-Legalisierung

Nach jahrzehntelangen Diskussionen hat das Parlament entschieden: Eine begrenzte Legalisierung von Cannabis soll kommen.

Keine Mehrheit hingegen fand das neue Onlinezugangsgesetz (OZG 2.0). Der Gesetzentwurf der Ampel-Koalition sollte die Digitalisierung der Verwaltung voranbringen und mehr Datenschutz gewährleisten. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), deren Haus bei dem Vorhaben federführend ist, sagte: „Ich werde dem Kabinett vorschlagen, den Vermittlungsausschuss anzurufen.“ Sie sei bereit, konstruktiv weiterzuverhandeln, „weil unser Land mehr digitalen Fortschritt braucht“. Es sei sehr bedauerlich, dass die unionsgeführten Länder im Bundesrat dem OZG 2.0 nicht zugestimmt hätten, fügte sie hinzu. Damit hielten sie die weitere Digitalisierung und Modernisierung des Staates auf.

Ablehnung laut Grünenpolitikerin „überraschend“

Der parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Johann Saathoff (SPD), hatte in der Sitzung vergeblich mit dem Argument um Zustimmung geworben, das Gesetz sei ein „wichtiges Update einer in die Jahre gekommenen rechtlichen Grundlage“ und eine gute Nachricht für Unternehmen.

Das OZG 2.0 bezieht sich auf Bundesverwaltungen, soll aber auch auf die Bundesländer und Kommunen ausstrahlen. Es sieht vor, dass Bund und Länder in einem gemeinsamen Gremium in den kommenden zwei Jahren Standards entwickeln, die für alle Beteiligten verbindlich sind. Damit soll auch verhindert werden, dass in den Verwaltungen mehrfach Software entwickelt wird, um dasselbe Problem zu lösen. Nach dem Willen der Ampel-Koalition soll auch die Infrastruktur für ein digitales Bürgerkonto nicht mehrfach angeboten werden, sondern sich auf das zentrale Bundeskonto (Bund-ID) konzentrieren. Bislang bieten auch einzelne Bundesländer digitale Bürgerkonten an.

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„Dass die Länder das Gesetz im Bundesrat ablehnen, kommt überraschend und wird die Digitalisierung der Verwaltung weiter verzögern“, sagte die Grünen-Innenpolitikerin Misbah Khan. In Form einer Protokollerklärung habe bereits „ein weitreichender Kompromiss“ auf dem Tisch gelegen, dem sich die Länder nun verweigert hätten. Die Abgeordnete kritisierte: „Die Leidtragenden werden in erster Linie die Bürgerinnen und Bürger sein, die sich nach einer moderneren Verwaltung sehnen.“

RND/dpa



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