Noch während Marco Rose seine Spieler auf dem Rasen herzte, stand die Bierkiste im Laderaum des Leipziger Mannschaftsbusses schon bereit. Anlass zu Ausgelassenheit und Feierlichkeiten bestand aus Sicht der Sachsen in gleich mehrfacher Hinsicht. Sie hatten am Samstag ja nicht nur das komplizierte Auswärtsspiel beim 1. FC Heidenheim 2:1 (1:0) gewonnen und damit den sechsten Sieg hintereinander erreicht, sondern auch den vierten Tabellenplatz vor Borussia Dortmund vorerst behauptet.

Die erneute Teilnahme an der Champions League rückt für RB Leipzig damit immer näher. Also noch näher als ohnehin schon, weil auch der Tabellenfünfte aufgrund der komplizierten Konstellation in den Europapokalen mit hoher Wahrscheinlichkeit die Zulassung zur Königsklasse erhalten wird. Doch über diesen zusätzlichen Startplatz wolle man sich nicht qualifizieren, sagte Torwart Peter Gulacsi, “wir haben den Anspruch, mindestens unter die ersten Vier zu kommen”. Auch für das Ziel, am Saisonende vor dem BVB zu bleiben, sei es “ein sehr wichtiger Sieg” gewesen, befand Rose. Der Trainer hatte das Spiel wegen seiner Gelbsperre von der Tribüne aus verfolgt. Am kommenden Samstag empfängt Leipzig den BVB, eine Vorentscheidung über die finale Platzierung könnte dann fallen.

“Man kann dem Konstrukt RB Leipzig kritisch gegenüberstehen, aber so etwas geht gar nicht”, sagt Schmidt

Die Grundlage dafür gelegt hatten die Leipziger durch die Tore von Benjamin Sesko (42.) und Loïs Openda (85.). Der eingewechselte Nikola Dovedan hatte zwischendurch für Heidenheim ausgeglichen (69.). Doch anders als bei den Heimsiegen gegen den FC Bayern und VfB Stuttgart sowie beim Remis gegen Dortmund gelang es dem Aufsteiger diesmal nicht, einen Ertrag gegen einen weiteren Favoriten einzufahren. Schon deshalb zeigte sich Frank Schmidt hinterher “enttäuscht” und auch “wütend”, wie der Trainer sagte, “die Mannschaft wird in der Analyse sehen, was wir liegen gelassen haben”.

Noch weitaus mehr ärgerte sich Schmidt aber über jene Geruchsbelästigung, der sich vor allem die Leipziger Fans ausgesetzt sahen. Offenbar war übel riechende Buttersäure im Gästeblock verteilt worden. Zwar war der Tribünenbereich vor dem Spiel gereinigt worden, dennoch blieb es bei einer erheblichen Geruchsbelästigung. Einer der Nasenzeugen war Schmidt an seiner Trainerbank in mehr als 50 Meter Entfernung. “Es hat auch bei uns gestunken”, sagte er und brachte sein Unverständnis für die Protest- und Sabotageaktion zum Ausdruck. “Man kann dem Konstrukt RB Leipzig kritisch gegenüberstehen, aber so etwas geht gar nicht”, sagte Schmidt, “da schäme ich mich, da kann man sich nur entschuldigen bei RB Leipzig.”

Bei beiden Mannschaften hatten sie sich bereits vor dem Anpfiff ziemlich sicher sein können, ihr jeweiliges Saisonziel zu erreichen. Die Heidenheimer waren mit acht Punkten Vorsprung auf den Relegationsrang 16 in den 30. Spieltag gegangen. Damit Schmidts Mannschaft noch die Versetzung ins nächste Bundesliga-Spieljahr verpasst, müsste schon sehr viel zusammenkommen. Wahrscheinlicher wäre wohl, dass das Heidenheimer Schloss von seinem Berg rutscht. Gefühlt noch etwas näher an ihrem Vorhaben waren die Leipziger bereits vor ihrer Dienstreise auf die Ostalb gewesen. Zu verdanken hatten sie ihre fast schon gesicherte Qualifikation für die Champions League maßgeblich jenen Ligakonkurrenten, die noch im Europapokal vertreten sind.

Die Bundesliga hat den fünften Startplatz für die Königsklasse fast schon erreicht

Weil der FC Bayern und Dortmund in der Champions League sowie Bayer Leverkusen in der Europa League in den vergangenen Tagen jeweils ins Halbfinale eingezogen waren, hat die Bundesliga den fünften Startplatz für die Königsklasse fast schon erreicht. Um in jeden Fall in der Jahreswertung der Uefa vor der Konkurrenz aus England und Frankreich zu bleiben, fehlen nur noch maximal zwei Siege der deutschen Klubs im Europapokal. Es könnte also gut sein, dass die Bayern, Dortmunder und Leverkusener en passant Leipzigs Qualifikation für Europas Eliteliga herbeiführen.

In Heidenheim tat sich Roses Mannschaft allerdings schwer. Zwar bestimmten die Gäste das Geschehen, zu Chancen kamen zunächst jedoch vor allem die geradlinig konternden Heidenheimer. Dass Leipzig dennoch in Führung ging, lag an zwei Heidenheimer Abwehrschnitzern in einer Szene. Nach David Raums Flanke sprang zunächst FCH-Kapitän Patrick Mainka am Ball vorbei und irritierte damit seinen Abwehrkollegen Benedikt Gimber. Der Innenverteidiger traf den Ball beim Klärungsversuch nicht richtig und legte ihn unfreiwillig auf für Sesko, der den Ball zwar auch nicht voll traf, aber doch genug, um ihn ins Tor zu befördern. Nach der Führung verpasste Leipzig bei mehreren Chancen die Vorentscheidung. Heidenheim griff dagegen in seinen Werkzeugkasten und nutzte eine Standardsituation zum 1:1. Jan-Niklas Beste schlug einen Freistoß auf den zweiten Pfosten, Jan Schöppner legte per Kopf quer, Dovedan nickte den Ball ein. Doch am Ende hatte Leipzig die Nase vorn, weil Openda einen Konter zu seinem 23. Saisontor nutzte.

“Leipzig hat nicht so viel dafür tun müssen, um das Spiel zu gewinnen”, befand Schmidt. Noch mehr als die knappe Niederlage stank ihm aber die Geruchsbelästigung.



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