Ribnitz-Damgarten. Fast zwei Jahre ist es her, dass eine Frau bei einem tragischen Unfall auf dem Ribnitzer See ihr Leben verlor und weitere fünf Menschen schwer verletzt wurden. Jetzt gibt es eine erste juristische Entscheidung. Die Staatsanwaltschaft hat gegen einen 37-jährigen Bootsführer einen Antrag auf Strafbefehl gestellt.

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Zur Erklärung: Ein Strafbefehl ist ähnlich wie ein Urteil, nur dass das Gericht in solchen Fällen nach Aktenlage entscheidet, es also keine tatsächliche Verhandlung im Gerichtssaal gibt. Staatsanwaltschaft und Verteidigung haben sich in den vergangenen fast zwei Jahren also vor allem schriftlich ausgetauscht. Es gibt laut Staatsanwaltschaft auch eine Einlassung des Beschuldigten. Zudem wurden Gutachten erstellt.

Freiheitsstrafe auf Bewährung: Verteidiger legt Einspruch ein

Anhand all dieser Erkenntnisse hat das Amtsgericht Stralsund jetzt den Strafbefehl erlassen. „Es wurde eine Freiheitsstrafe von neun Monaten, deren Vollstreckung für die Dauer von drei Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde, angeordnet“, teilte die Staatsanwaltschaft Stralsund mit. Außerdem sei dem Beschuldigten auferlegt worden, 2000 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zu zahlen. Der Verteidiger des Beschuldigten habe allerdings bereits Einspruch eingelegt.

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Das Gericht sieht es nach Aktenlage offenbar als erwiesen an, dass der Bootsführer die Hauptschuld an dem schlimmen Unfall Mitte August 2022 trug. Damals war ein Motorboot, besetzt mit drei Personen, mit einem Kajütboot auf dem Ribnitzer See zusammengestoßen. Der 37-Jährige war Bootsführer des Motorbootes, in dem sich zwei weitere Personen befanden. Auf dem Kajütboot waren sechs Menschen.

Dieses Sportboot hatte das andere Boot gerammt.

Dieses Sportboot hatte das andere Boot gerammt.

Einsatzkräfte sprachen nach dem Unfall von schrecklichen Szenen, von schreienden Menschen im Wasser. Das Todesopfer, eine 66-jährige Frau, befand sich auf dem Kajütboot. Sie wurde von den Rettungskräften an Land gebracht. Mehrere Wiederbelebungsversuche konnten sie nicht retten. Die acht weiteren Beteiligten wurden teilweise schwer verletzt.

Was im Detail an diesem Abend auf dem Ribnitzer See geschah, war lange nicht klar. Die Ermittlungen zogen sich hin, weil einerseits die Verletzten teilweise wochenlang nicht vernehmungsfähig waren. Andererseits musste ein Gutachten erstellt werden. Auch das dauerte lange.

Ermittlungen wegen mutmaßlich fehlender Beleuchtung

Die wichtigsten Fragen lauteten: War das Motorboot zu schnell? Und war das Kajütboot beleuchtet? Der Unfall ereignete sich bei Dunkelheit.

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Klar war, dass das Kajütboot sich nicht bewegte. Lediglich das Motorboot fuhr. Das Gutachten ergab schließlich im Sommer 2023, fast ein Jahr nach dem Unglück, dass das Sportboot deutlich zu schnell unterwegs war. Von „mindestens 43 Knoten“ sprach die Staatsanwaltschaft, möglicherweise sogar mehr. Das entspricht etwa 80 Kilometer die Stunde.

Sportbootunfall in Ribnitz-Damgarten

Sportbootunfall in Ribnitz-Damgarten

Zur Einordnung: Eine Geschwindigkeitsbegrenzung gibt es auf dem Ribnitzer See nicht. Weiter nördlich aber, im Bereich des Nationalparks Vorpommersche Bodden-Landschaft, ist die Geschwindigkeit für Boote zur Sicherheit und zum Schutz der Natur auf acht beziehungsweise zwölf und 16 Knoten beschränkt.

Ob das Kajütboot ausreichend beleuchtet war, konnte das entsprechende Gutachten nicht zweifelsfrei belegen. Laut Martin Cloppenburg, Sprecher der Staatsanwaltschaft Stralsund, wurde dies zugunsten des Beschuldigten beim Strafmaß angerechnet. An der Schuld selbst, also dass der Mann definitiv zu schnell gefahren sei, gebe es keine Zweifel. Gleichwohl habe der 37-Jährige eigenes Fehlverhalten bestritten, teilte das Amtsgericht Stralsund mit.

Zweites Gutachten zum Bootsunfall auf Ribnitzer See angefordert

Aufgrund der womöglich fehlenden Beleuchtung des Kajütbootes läuft noch ein zweites Verfahren, und zwar gegen den Bootsführer. Ermittelt wird auch gegen ihn wegen fahrlässiger Gefährdung des Schiffsverkehrs, fahrlässiger Tötung sowie fahrlässiger Körperverletzung.

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 Der Beschuldigte hat sich laut Staatsanwaltschaft bereits schriftlich dazu geäußert und die Vorwürfe zurückgewiesen. Nun muss abermals der Gutachter ran, um zu ermitteln, ob das Boot tatsächlich beleuchtet war oder nicht.

Dieses Verfahren läuft also noch. Auch das erste Verfahren gegen den Führer des Motorbootes geht weiter. Mit dem Einspruch wird das Ganze in persona juristisch ausgefochten. Ein Termin für die Hauptverhandlung vor Gericht steht noch nicht fest.

OZ



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