München – Unten sind die Gerichtssäle, drüber die Büros, auch von Richtern und Staatsanwälten. Der neunstöckige Bau des Justizzentrums an der Nymphenburger Straße Ecke Sandstraße ist seit 1977 Sitz von Landgericht und Amtsgericht. 2025 ziehen die Justizbehörden aus – in einen Neubau nahe Leonrodplatz, mit Platz für 1300 Mitarbeiter. Der Abriss des alten Justizzentrums ist nicht ausgeschlossen.
Die Münchner Initiative “Justizzentrum Erhalten” möchte den Abbruch verhindern. Sie kämpft für einen Umbau des massiven Gebäudes, das im Stil des Brutalismus gebaut ist. Darunter mit Visualisierungen, wie hier einmal Wohnen stattfinden könnte: helle Wohnungen mit Schiebetür und Parkett, ein Wintergarten, ein mit Gräsern aufgehübschter Innenhof – TU-Student Maximilian Jost hat sie für seine Architektur-Masterarbeit “Alt.Brutal.Gutaussehend” entworfen.
Nur für manche Menschen ist das Justizzentrum in München “gutaussehend”
Über einen abgesenkten Vorplatz am U-Bahnhof Stiglmaierplatz geht es zum Haupteingang. Das Interieur ist im 70er- und 80er-Jahre Stil mit Akzenten in Grün, Orange und Gelb gehalten. Was mit dem riesigen leeren Gebäude passieren wird (Geschossfläche: 50.000 Quadratmeter), darüber entscheidet der Freistaat Bayern, dem das Grundstück gehört. Das Bauministerium prüft in einer Machbarkeitsstudie einen Neu- oder Umbau, bei dem “maximal viel bezahlbarer Wohnraum” entstehen kann.
Die Initiative “Justizzentrum Erhalten” ruft ab sofort zum “Open Call”, um das “schlummernde Potenzial” und die “verborgene Poesie” des Bauwerks sichtbar zu machen: Sie bietet eine Bühne für Ideen und Visionen, wie der Bau zu einem lebendigen, offenen Haus werden könnte. “Wir wünschen uns, dass ein offener Diskurs über die Bandbreite der Möglichkeiten entsteht”, sagt eine Sprecherin, Architektin Maria Schlüter (32). Die Initiative steht für einen “kommerzarmen Ort” ein, nicht weit vom Hauptbahnhof. Auch als Gegenpol zur Ansiedlung der Tech-Unternehmen Apple und Google in der Nachbarschaft.
Justizzentrum in der Nymphenburger Straße: Vorschläge reichen von Wohnen bis Platz für Sport
Vorschläge, die bereits im St.-Benno-Viertel gemacht worden sind, gehen von Wohnen bis Theater, über Kita und Altenpflege, Platz für Sport und eine Kletterwand. Es gibt auch den Wunsch nach Bandübungsräumen in der großen Tiefgarage – und nach mehr Grün auf dem abgesenkten Vorplatz. Ein Vorteil: Das Riesen-Gebäude in der Maxvorstadt ist flexibel. “Nach der Entfernung der nichttragenden Trennwände zwischen den zellenartigen Büros könnten viele verschiedene Nutzungen in dem Gebäude Platz finden”, sagt Maria Schlüter. Mit dem Bauministerium hat sie die Räume besichtigt.
“Das Justizzentrum ist schön. Schön nicht nur wegen seines Aussehens, sondern weil es Raum für vieles bieten könnte, was München braucht”, sagt Schlüter. Die Initiative von mehr als 20 Stadtmachern aus den Bereichen Architektur, Stadtentwicklung und Urbanistik sucht nun: “Neuartiges, Anderes, Unkonventionelles und Mutiges”, als Vorschlag für eine Neu-Nutzung. Von der Skizze bis zur Videoarbeit: Teilnahme frei.
Ideen können bis 7. Juni 2024 eingereicht werden: www.abbrechenabbrechen.de.