Berlin/München – Als Thomas Müller in der 84. Minute zur Auswechselbank beordert wurde, kam es zu einem kurzen Smalltalk zwischen dem Routinier und Trainer Thomas Tuchel. “Er hat gesagt: ‘Die Tore waren natürlich super – aber den Rest des Spiels habe ich auch beobachtet.’ Und dann haben wir beide gelacht”, erzählte das bayerische Urgestein in den Katakomben des Stadions An der Alten Försterei nach dem 5:1 des FC Bayern bei Union Berlin.
Da erzielt der 34-Jährige mal wieder einen Bundesliga-Doppelpack, den ersten seit dem 1. April 2023, dem 4:2 gegen Borussia Dortmund – und dann gibt’s vom Trainer doch noch was zu meckern. Dies allerdings liebevoll. Die Beziehung zwischen Tuchel und Müller trägt die Überschrift “Was sich liebt, das neckt sich”.
Vor der Abreise der Bayern aus Berlin meinte Tuchel, ehrlich wie eh und je: “Die Tore waren absolut top, aber die Form war nicht gut.”
Thomas Müller selbstkritisch: “Die Tore waren tatsächlich super, aber …”
Tuchel bremst Müller. Doch der kann das einordnen: “Die Tore waren tatsächlich super, aber es waren auch viele Ballverluste dabei”, gestand Müller, der in Sachen Konkurrenzkampf weiß: “Wir sind hier nicht im Streichelzoo. Wir Spieler sind jederzeit dazu eingeladen, in allen Minuten, die wir auf dem Trainingsplatz oder Spielfeld stehen, uns so zu präsentieren, dass er (Tuchel, d. Red.) an einem nicht vorbeikommt.”
Bei den ständigen Nachfragen an Tuchel, ob dieses oder jenes Match ein Thomas-Müller-Spiel sei, hat er selbst schon Mitleid mit dem 50-jährigen Chefcoach: “Am Ende des Tages ist es schon ein bisschen zäh für den Trainer.”
Müller-Bewerbung für Real-Duelle? Bayern-Trainer Tuchel scherzt: “Nicht in dieser Form”
Schon vor einer Woche hatte Müller beim 2:0 gegen den 1. FC Köln für den Schlussakkord gesorgt, doch die beiden Viertelfinalspiele in der Champions League gegen den FC Arsenal (2:2/1:0) sah Müller aus der Perspektive der Ersatzbank oder von der Seitenlinie beim Aufwärmen. Auf seinen 150. Champions-League-Einsatz muss der Offensivspieler weiter warten. Ob Müller nun dank seiner doppelten Tore-Bewerbung ein Kandidat für einen Einsatz in den Halbfinal-Partien gegen Real Madrid? “Nicht in dieser Form”, sagte Tuchel lachend, “den muss er sich dann trotzdem verdienen.”
Er weiß ja, was er an der kickenden Legende hat. Da braucht es kein Zählen von Toren und Vorlagen. Und speziell gegen Real Madrid dürften Müllers (Joker-)Qualitäten gefragt sein. Man kennt sich aus acht Duellen in der Champions League seit der Saison 2011/12.
Thomas Müller hat jetzt an jedem einzelnen Bundesliga-Spieltag getroffen
In der Bundesliga konnte Müller am Samstag durch seine Tore einen persönlichen Meilenstein erreichen, von dem er gar nichts wusste. Seine Sammlung an den Bundesliga-Spieltagen, an denen er mindestens einen Treffer erzielte, ist nun komplett. Der 30. Spieltag hatte ihm noch gefehlt.
Für Müller eine Spielerei, der verpasste Meistertitel nervt ihn kolossal. “Wir wissen selbst, so wie es in den letzten Monaten gelaufen ist, dass es auch auf unserem Schreibtisch liegt”, sagte er in Berlin.
Platz zwei kein Anreiz für Thomas Müller – der aber könnte Titelchance generieren
Jetzt wenigstens Platz zwei sichern? Für Müller nicht so wichtig, da in dieser Saison auch der Bonus-Platz fünf aufgrund der Erfolge der Bundesliga in der laufenden Europacup-Saison reichen wird für die Teilnahme an der Königsklasse.
Doch nur mit Platz zwei könnte Bayern im August gleich um einen Titel spielen, um den DFL-Supercup. Als Vizemeister gegen Meister Leverkusen, wenn Bayer auch den DFB-Pokal gegen Kaiserslautern gewinnt – der Cup-Finalist qualifiziert sich nicht für die Saison-Ouvertüre. Der Supercup eine Woche vor dem Bundesliga-Start (17. August) wäre doch für Müller und die Bayern eine feine Gelegenheit zur ersten Revanche mit Alonsos Leverkusenern.