Bamberg hat einen neuen Erzbischof. Herwig Gössl, 57, ist am Samstag im Kaiserdom ins Amt eingeführt worden. Eine Weihe war nicht nötig, ist Gössl doch schon seit 2014 Weihbischof des Erzbistums. Es reichte, salopp gesagt, dass sich der neue Oberhirte auf dem Bischofsstuhl niederließ, hingeleitet vom Münchner Erzbischof Kardinal Reinhard Marx und von Nuntius Nikola Eterović, dem Abgesandten des Papstes in Deutschland. Zuvor wurde die päpstliche Ernennungsurkunde verlesen und der frühere Erzbischof Ludwig Schick, 74, überreichte seinem Nachfolger den Bischofsstab.
Bald zwei Dutzend Bischöfe und allerlei Ehrengäste aus den anderen Kirchen und Religionsgemeinschaften, aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, nahmen an dem Gottesdienst im Bamberger Dom teil. Gössl ist der 76. Bischof von Bamberg.
In seiner Predigt gab sich Gössl zuversichtlich, dass die Kirche auch in Zukunft weiter bestehen werde. “Manche sagen heute, Kirche sei am Kipppunkt, und meinen damit, bald gehe das Schiff unter. Ich aber bin fest überzeugt: Der Herr ist an Bord, und wenn wir uns auf ihn hin orientieren, dann bekommen wir neuen Mut, selbst wenn es um uns herum stürmisch zugeht”, sagte er. Der Schatz der Kirche bestehe nicht aus Kirchensteuereinnahmen, sondern “aus der Zusage des Herrn: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt”.
Es ist nicht unbedingt üblich, dass ein Bischofsstuhl mit einem Priester aus dem heimischen Klerus besetzt wird, häufiger sind Berufungen von außen. Der frühere Erzbischof Schick etwa stammt aus dem Bistum Fulda. Dessen heutiger Bischof und Vize der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Michael Gerber, begrüßte im Fall von Gössls Ernennung die “Topographie der kurzen Wege”. Es könnte ein Motto für Gössls Bischofsamt sein, da er immer schon kurze Wege zu den Gläubigen gesucht habe.
Herwig Gössl ist seit zehn Jahren Weihbischof in Bamberg und er verwaltete das Erzbistum als Administrator seit dem Rücktritt von Schick am 1. November 2022. Dieser vertrat im Gegensatz zu seinem Nachfolger geradezu progressive Haltungen, er forderte nicht nur, Frauen zur Priesterweihe zuzulassen, sondern brachte auch ein Ende des Pflichtzölibats und eine Amtszeitbeschränkung für Bischöfe ins Spiel.
Gössl hingegen sagt von sich, dass er ganz zufrieden damit sei, “nicht als progressiv eingestuft zu werden”. Er könne sich die Weihe von Frauen zurzeit nicht vorstellen, sagt er, und auch mit der Segnung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften hadert er. Für ihn stelle sich die Frage, was der Wille Gottes sei. Wenn die Kirche sich aber dafür entscheide, dann gehe er diesen Weg mit.
Ein Revoluzzer ist Gössl sicher nicht, er steht offenbar auch nicht besonders gern im Mittelpunkt. Er habe das Amt nicht ersehnt, sagte er vor einigen Wochen im Interview mit der SZ, sehe es aber als Berufung, “die ich nicht einfach so wegwischen kann”. Er wolle Mutmacher und Brückenbauer sein. “Das ist kein Intrigant, kein Strippenzieher”, sagte Kardinal Marx in seinem Grußwort am Samstag, “ein Mann ohne Falsch, eine ehrliche Haut.” Gössl sei kein Freund von Patentrezepten, sondern suche individuelle Lösungen, sagte Marx. Er appellierte an Gössl und an alle Bischöfe, sich zwar in die Tradition zu stellen, aber auch offen zu sein für Innovationen.
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) versicherte dem neuen Erzbischof, dass die bayerische Staatsregierung an seiner Seite stehe. Vor einer Woche hatte Gössl in München den Treueeid auf die Verfassung abgelegt, so sieht es das Konkordat vor. Söder sagte, er wolle “ein Bekenntnis ablegen” zu den Kirchen – für den Freistaat, aber auch persönlich. Dazu gehöre auch das Festhalten am Religionsunterricht an Schulen. Zuletzt gab es Diskussionen, ob zugunsten von mehr Mathe und Deutsch der Religionsunterricht an Grundschulen gekürzt werden sollte. Söder legte ein Veto ein. Das Land wäre herzloser ohne das Engagement der Kirchen, sagte Söder.
Der evangelische Landesbischof Christian Kopp, selbst erst vier Monate im Amt, erzählte von einer kurzen Begegnung mit Gössl bei den Passionsspielen in Oberammergau. Viel Zeit sei nicht gewesen, “aber was mir aufgefallen ist: Der Mann kann zuhören.” Das sei eine gute Voraussetzung für das Amt des Erzbischofs.
Die Vorsitzenden des Diözesanrats überreichten ein großes Glas bunter Gummibären, das für die Vielfalt der 600 000 Katholiken im Erzbistum stehen solle und Bambergs Oberbürgermeister merkte gleich an, dass auch er und der Landrat Gummibärchen schätzten. Der neue Erzbischof soll bei den regelmäßigen Sechs-Augen-Treffen der drei Herren daran denken.
Er hatte aber auch noch ein Zitat des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy parat, der einst von Franken schwärmte (“Franken ist ein göttliches Land”) und schrieb: “Ich befinde mich in diesem Augenblick so behäbig, dass ich glaube, der Erzbischof von Bamberg zu sein.” So müsse er sich wohl fühlen, der neue Oberhirte.
Der allerdings gewährte nur wenig Einblick in sein Seelenleben und dankte allen – auch jenen, die auf ein Grußwort verzichtet hatten, “damit diese offizielle Feier auch mal ein Ende findet”.