Grevesmühlen. Als Heidrun Paruszewski die Klappe des Verkaufswagens öffnet, stehen Dieter Holz und Willi Behrens schon am Straßenrand. Jeder mit einem Korb unter dem Arm. „Na, wie gehts euch?“, begrüßt sie die beiden Männer. Von Fremdheit keine Spur. Seit sechs Jahren fährt die Grevesmühlenerin mit dem mobilen Bäckerwagen der Bäckerei Freytag durch Nordwestmecklenburg.
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Willi Behrens ist Stammkunde beim Bäckermobil. „Ich kaufe schon seit Jahren mein Brot hier. Hier im Ort haben wir ja sonst keine Läden“, sagt der 88-Jährige, während ein Wochenvorrat an Backwaren in seinen Korb wandert. Von Dienstag bis Freitag steuert der Bäckerwagen je nach Bedarf, so gut wie jeden Ort der Region an und versorgt die Einwohner mit frischem Brot, Brötchen und Kuchen. Die meisten Kunden wissen, wann Heidrun Paruszewski kommt, für alle anderen kündigt sie sich mit einem lauten Hupen an, sobald sie das Ortsschild passiert.
Mobiler Bäckerwagen tourt durch Nordwestmecklenburg
Zwölf Orte liegen auf ihrer heutigen Tour. Inzwischen kennt sie ihre Kunden und deren Gewohnheiten. Weiß, wer gerne Obst- oder Nusskuchen isst und wie viele Brote sie morgens einpacken muss. Die Abwechslung schätze sie neben dem Kundenkontakt am meisten an der Arbeit. „Es wird nie langweilig“, sagt die 58-Jährige mit rauchiger Stimme und lacht.
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Für viele Nordwestmecklenburger ist Heidrun Paruszewski nicht nur Verkäuferin, sondern auch sozialer Kontakt. Gerade die Älteren suchen oft einen „Schnack“. Wenn es die Situation zulässt, nimmt sie sich die Zeit, um zuzuhören. So erlebe sie die Schicksale und das Glück der Kunden über die Jahre hinweg hautnah mit.
Heidrun Paruszewski fährt mit dem fahrenden Bäckerwagen der Bäckerei Freytag durch Nordwestmecklenburg. Dienstag bis Freitag ist der Wagen in den Dörfern unterwegs.
Quelle: Lena Bergmann
Gerade ältere Menschen auf dem Land schätzen den Service
Von dem fahrenden Angebot machen besonders Ältere Gebrauch, die in abgelegeneren Dörfern leben. Eine Kundin erzählt, dass sie kein Auto habe. Das Bäckermobil biete ihr die Möglichkeit, ohne fremde Hilfe an frische Backwaren zu kommen. „Brötchen direkt vor der Haustür, das ist ein toller Service“, schwärmt auch Diana Zemke. Sie ist normalerweise arbeiten und nimmt das morgendliche Angebot selten in Anspruch.
Ihre Nachbarin Gerda Buschhart hingegen kauft jede Woche bei Heidrun Paruszewski ein. Die 98-Jährige ist vorbereitet und bringt neben ihrem eigenen Beutel für Brot auch einen Teller mit. „Der Kuchen muss ja nicht extra verpackt werden“, sagt sie. Kein seltener Anblick für Heidrun Paruszewski. Neben Beuteln, Körben und Tellern werden auch Eimer über den Tresen gereicht.
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Preise wie im Laden
In manchen Orten komme nur ein Kunde, in anderen vier oder fünf. Eins haben sie jedoch alle gemeinsam: Ihre Einkäufe sind selten klein. „Nur zwei Brötchen kauft kaum einer“, erzählt Heidrun Paruszewski. Die meisten würden immer für eine Woche einkaufen. Das Monatsende mache sich aber auch bei der Kaufkraft bemerkbar. „Da kommen oft weniger Leute.“ Die Woche darauf heiße es dann aber wieder Schlange stehen.
Im Laufe der Jahre sind einige ihrer Kundinnen und Kunden verstorben, weggezogen oder aus finanziellen Gründen nicht mehr gekommen. Wenn ein langjähriger Kunde nicht wie üblich auftaucht, mache Heidrun Paruszewski sich auch schon mal Sorgen. Wenn drei Mal hintereinander niemand an vereinbarter Stelle steht, wird der Stop von der Route gestrichen. „Das Fahren muss sich ja auch für uns lohnen.“ Ein Brötchen kostet zwischen 75 und 90 Cent, die Preisspanne für ein Brot gehe von 3,10 bis 4,50 Euro. „Wir haben hier die gleichen Preise wie im Laden“, so die Verkäuferin.
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Seit über zehn Jahren ist der Wagen schon in Nordwestmecklenburg im Einsatz. Bäckerei Freytag-Chefin Daniela Braun ist zufrieden mit dem Konzept. Die Nachfrage sei nach wie vor groß und trotz steigender Spritkosten lohne sich das Fahren. Sie betont: „Wir werden das auf jeden Fall die nächsten Jahre beibehalten.“
OZ