Stockholm will massiv in die Landesverteidigung investieren: Bei Personal, Material und Infrastruktur. Unklar bleibt jedoch die Finanzierung.

Soldaten stehen mit ihren Gewehren auf einem Militärstützpunkt

Schwedische Soldaten bei einer Militärübung auf dem Marinestützpunkt Berga bei Stockholm Foto: Anders Wiklund/tt news agency/ap

STOCKHOLM taz | Mehr Wehrpflichtige, mehr Luftabwehr, mehr Geld für die zivile Bereitschaft: Das sind nur einige der Vorschläge, die der Verteidigungsausschuss im Stockholmer Reichstag am Freitag präsentierte. Im Januar hatte die schwedische Mitte-Rechts-Regierung das Land mit Warnungen vor einer gestiegenen Kriegsgefahr aufgeschreckt. Der Ausschuss sollte daraufhin herausfinden, wie damit umzugehen sei. Die „Totalverteidigung“ stehe vor historischen Veränderungen, heißt es nun in dem Bericht. „Totalverteidigung“ steht für die Gesamtheit der militärischen und zivilen Aktivitäten, die Schweden im Fall eines Angriffs zu seiner Verteidigung benötigt.

„Ein bewaffneter Angriff auf Schweden oder unsere Alliierten kann nicht ausgeschlossen werden“, betonte der Ausschussvorsitzende Hans Wallmark („Die Moderaten“). Und wiederholte damit die Argumentation aus Regierung und Armee vom Januar dieses Jahres. Die ernste sicherheitspolitische Lage sowie die neuen Anforderungen als NATO-Mitglied erforderten es, Umfang und Tempo beim Ausbau der Verteidigungsbereitschaft zu erhöhen, heißt es im Bericht. Zeit sei ein entscheidender Faktor bei allen politischen und militärischen Entscheidungen der nächsten Jahre. Dies gelte für Personal, Material und Infrastruktur.

Bis 2030 soll das Verteidigungsbudget demnach um umgerechnet etwa 4,5 Milliarden Euro steigen, von rund 11,5 Milliarden im Jahr 2025 auf dann 15,8 Milliarden. Das wären nach Nato-Berechnungsart 2,6 Prozent des Bruttoinlandsproduktes, berichtet der Sender SVT. „Für mich ist das Wichtigste, die vorhandene Einigkeit zu unterstreichen“, sagte Wallmark.

Der Verteidigungsausschuss besteht aus Vertretern der derzeit acht Parteien im Parlament sowie Sachverständigen und Experten. Die Einigkeit über Parteigrenzen hinweg wurde auch von anderen Seiten positiv hervorgehoben. Was sie eint, ist der besorgte Blick in Richtung Russland.

Zahl der Wehrpflichtigen soll deutlich erhöht werden

Zu den vorgeschlagenen Maßnahmen zählt, die Zahl der eingezogenen Wehrpflichtigen von derzeit 8.000 pro Jahr bis 2030 auf 10.000 und bis 2032 auf 12.000 Personen zu erhöhen. Schweden hatte die Wehrpflicht 2009 ausgesetzt, aber 2017 wieder eingeführt. Die Zahl der eingezogenen Wehrpflichtigen überstieg bislang kaum die derjenigen, die tatsächlich auch an einer militärischen Grundausbildung interessiert waren. Das dürfte sich demnach künftig ändern.

Schweden hatte sein Militär nach dem Ende des Kalten Krieges radikal umgebaut. Im Jahr 2000 war die Abwicklung großer militärischer Einheiten beschlossen worden. Schon 2020 wurde der Aufbau von vier neuen Brigaden geplant und hier soll nun Tempo gemacht werden. Ziel ist, dass bis 2030 drei mechanisierte Brigaden und eine Infanteriebrigade einsatzbereit sind.

Außerdem soll mehr Geld in die zivile Verteidigungsbereitschaft fließen. Knapp drei Milliarden Euro sollen für diesen Posten bereitgestellt werden, der etwa die logistischen Vorbereitungen für die Versorgung der Bevölkerung in einem Ernstfall abdecken soll. Nicht ganz einig ist man sich offenbar bei der Finanzierung der Pläne. Die Sozialdemokraten – seit 2022 in der Opposition – schlagen eine Art „Bereitschaftssteuer“ auf höhere Einkommen vor. Die regierende Mitte-Rechts-Regierung lehnt dies ab.



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