Kommentar zur Lage der Bundeswehr

Kriegstüchtigkeit: Aus Fehlern lernen – aber bitte schnell

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) begrüßt während eines Besuchs des Kommandos Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehrkommandosoldaten.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) begrüßt während eines Besuchs des Kommandos Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehrkommandosoldaten.

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Wladimir Putin hat weiter seine Freude an Deutschland. Die Veröffentlichung des russischen Mitschnitts eines sensiblen Gesprächs vier ranghoher Luftwaffengenerale über die Fähigkeit des Taurus-Marschflugkörpers nimmt Bundespolitik und Bundeswehr in Dauerbeschlag.

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Die Öffentlichkeit erfährt von Sicherheitslücken in der Kommunikation deutscher Spitzenmilitärs sowie einem grundlegenden Dissens zwischen Kanzler und Luftwaffe in der Frage, ob für eine Taurus-Lieferung an die Ukraine der Einsatz deutscher Soldaten und Soldatinnen nötig ist. Olaf Scholz sagt Ja, und deshalb Nein zur Abgabe der Raketen an Kiew. Die Expertinnen und Experten hingegen spielten in ihrer Unterredung Varianten ohne Bundeswehrbeteiligung durch. So weit der Schaden für Deutschland.

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Mögen sich die Verächter der Demokratie in Moskau und anderswo darüber schlapplachen, wie offen sich der Bundestag mit der Aufarbeitung des russischen Abhörangriffs beschäftigt – in Russland wären vermutlich nicht nur metaphorisch Köpfe gerollt. Auch, dass die Opposition gleich den nächsten Antrag zur Taurus-Lieferung stellt, um die Regierung vorzuführen, gehört zu einer funktionierenden Demokratie dazu. Der große Vorteil transparenter Auseinandersetzungen ist, dass Fehler benannt werden und man aus der Krise lernen kann.

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Nötig ist jetzt allerdings ein höheres Tempo und die Verinnerlichung auf allen Seiten, dass Putin Deutschland und damit Europa destabilisieren möchte. Wenn der Verteidigungsminister von „Kriegstüchtigkeit“ spricht, die wir erlangen müssten, zielt das auch auf die Akzeptanz in der Gesellschaft, aber in erster Linie auf die militärischen Fähigkeiten der Bundeswehr. Es ist nicht nur erstaunlich, dass ranghöchste Generale eine ungeschützte Leitung für ihre Kommunikation wählten. Es überrascht auch, dass es offensichtlich zuvor keine klärenden Gespräche mit Scholz und Pistorius über das Potenzial von Taurus gegeben hat. Dabei bittet die Ukraine seit vorigen Mai um diese Waffe.

Ein von Großbritannien angebotener Ringtausch mit Marschflugkörpern darf jetzt nicht zur nächsten Dauerdebatte über Taurus in Deutschland werden. Kriegstüchtig zu werden, bedeutet auch, in der Politik kühle, klare Entscheidungen zu treffen, ohne Verunsicherung zu stiften. Und das möglichst schnell. Die Ukraine hat nämlich keine Zeit mehr für lange Diskussionen.



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