Umwelt- und Verbraucherschützer setzen sich für eine starke Regulierung von Ewigkeitschemikalien ein. Die CDU will ein geplantes Verbot abschwächen.

Eine Frau schminkt sich die Augen mit Mascara

Auch in Kosmetikprodukten können sogenannte Ewigkeitschemikalien vorkommen. Die sind gefährlich, aber die CDU forderteine Abschwächung des Verbots Foto: Daniel Reinhardt/dpa

BERLIN taz | Ein geplantes EU-Verbot von PFAS, auch Ewigkeitschemikalien genannt, kommt nicht voran. Empfohlen wird es von der Europäischen Chemikalienagentur (Echa). Auch Behörden aus Deutschland wie das Umweltbundesamt unterstützen es. Jetzt fordert aber die Bundestagsfraktion von CDU/CSU im Einklang mit der Chemischen Industrie, dass sich die Bundesregierung in Brüssel für eine Abschwächung einsetzt.

„Der Beschränkungsvorschlag, der heute auf dem Tisch liegt, ist angemessen, sinnvoll und eigentlich schon überfällig“, argumentierte dagegen Martin Scheringer am Mittwoch bei einer Anhörung im Bundestag für das Verbot. Scheringer ist Professor für Umweltchemie an der ETH Zürich.

PFAS sind per- und polyfluorierte Alkylverbindungen, die in der Natur nicht vorkommen. Sie werden Ewigkeitschemikalien genannt, weil sie nicht oder nur schwer in der Umwelt abgebaut werden. So reichern sie sich nicht nur in Böden und Wasser an, sondern auch im Menschen. Dieser nimmt die Verbindungen über Luft, Trinkwasser und Nahrungsmittel auf. Gleichzeitig sind PFAS beliebt, weil sie beständig, vielfach wasser-, fett- und schmutzabweisend sind. Deshalb finden sie sich in vielen, auch alltäglichen, Produkten.Die Gruppe der PFAS umfasst mehrere tausend einzelne Stoffe.

„Der aktuelle Beschränkungsvorschlag bedroht die Zukunftsfähigkeit von Europa“, erklärt nun Alexander Engelhard den Antrag der Union im Gespräch mit der taz. Engelhard ist Mitglied des Deutschen Bundestags für die CDU/CSU. Für die Wirtschaft würden die geplanten Regulierungen massive Einschnitte bedeuten, sagte er.

Umstrittene Alternativen

Den Antrag der Union unterstützen bei der Anhörung entsprechend die geladenen Ver­tre­te­r:in­nen der Chemie- und anderer Industrien. PFAS und besonders die Untergruppe der Fluorpolymere, zu der etwa Teflon gehört, seien unersetzlich – Fluorpolymere sind vor allem sehr hitzebeständig, so ihre Argumentation. Deshalb müsse das geplante Verbot zurückgenommen und überarbeitet werden.

Ein Punkt sei, dass es für viele Produkte absehbar keine PFAS-freien Alternativen gebe. Ein umfassendes Verbot hätte deshalb Einfluss auf viele Branchen und würde auch die Chancen beeinflussen, die Ziele des europäischen Green Deal zu erreichen. Dieser sieht vor, dass Europa bis 2050 klimaneutral wird. Ohne PFAS werde das nicht funktionieren, hieß es, weil Erneuerbare Energien auf die Stoffe angewiesen seien. Die Industrievertreter forderten deshalb, Fluorpolymere von den Regulierungen auszunehmen und in einem risikobasierten Ansatz zu untersuchen.

Die Stoffe sind schon länger in der Kritik. „Die bestuntersuchten Chemikalien dieser Gruppe wurden etwa mit Krebserkrankungen, Unfruchtbarkeit und Schädigungen des Immunsystems in Verbindung gebracht“, sagte Ninja Reineke von Chemtrust der taz. Chemtrust ist eine Verbraucher- und Umweltschutzorganisation und setzt sich für den Schutz von Mensch und Umwelt vor schädlichen Chemikalien ein.

Bei der Anhörung setzten sich vor allem der Umweltverband BUND und Scheringer klar für das geplante Verbot ein. Ein risikobasierter Ansatz sei zu langwierig und aufwendig. Innerhalb der letzten Jahre seien gerade einmal zehn von tausenden Stoffen auf diese Weise verboten worden. Die Behauptung, es gebe keine PFAS-Alternativen, wiesen sie zurück. Zumindest bei den Erneuerbaren Energien sei man da schon weiter. In einzelnen anderen Bereichen brauche es dagegen noch Forschung und Entwicklung. Ulrike Kallee vom BUND: „Meine Erfahrung aus der Zusammenarbeit mit Industrie ist: Es finden sich Lösungen“, sagte Ulrike Kallee vom BUND. Wofür es allerdings keine Lösungen gebe, seien mit PFAS kontaminierte Flächen.

Auch Ninja Reineke von Chemtrust hält den Antrag der Union und eine Abmilderung des EU-Verbots deshalb für problematisch: „Es könnte zu Ausnahmeregelungen und weiteren jahrelangen Verzögerungen im Ersatz der Ewigkeitschemikalien kommen.“



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