BERLIN. Eine Mehrheit der über 60jährigen Deutschen hat sich für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht ausgesprochen. Etwa 59 Prozent von ihnen befürworten einen verpflichtenden Militärdienst, wie eine Umfrage des Forsa-Instituts im Auftrag des Stern zeigt. Unter Deutschen im Alter von 18 bis 29 Jahren sind 59 Prozent dagegen. Damit spricht sich die Mehrheit der Bürger, die von der Wehrpflicht betroffen wäre, gegen sie aus.
Insgesamt ist eine knappe Mehrheit, 52 Prozent, für die Wehrpflicht. 43 Prozent der Befragten äußerten sich ablehnend gegenüber der Maßnahme, während fünf Prozent keine Meinung dazu äußerten.
Neben dem Alter zeigen sich in der Umfrage auch deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Während lediglich 52 Prozent der jüngeren Männer die Wehrpflicht ablehnen, sind es bei jungen Frauen insgesamt 68 Prozent.
Wagenknecht-Wähler liebäugeln besonders häufig mit der Wehrpflicht
Weitere Auffälligkeiten gibt es bei der Angehörigkeit von Parteien. Insbesondere findet die Wehrpflicht bei Wählern der AfD und der CDU Zustimmung: in beiden Fällen 67 Prozent. Unter Wählern des Bündnis Sahra Wagenknecht sind es sogar 68 Prozent. Wähler der Grünen sind zu 57 Prozent gegen die Wiedereinführung, Wähler der FDP sogar zu 62 Prozent. SPD-Wähler liegen mit einer Zustimmung von 51 Prozent etwa in der Mitte.
Seit März 2011 gibt es in Deutschland keinen verpflichtenden Wehrdienst mehr. Im Spannungs- oder Verteidigungsfall kann die Wehrpflicht allerdings wieder aktiviert werden. Die Abschaffung gründete sich damals auf der Tatsache, daß die Bundeswehr zu diesem Zeitpunkt kaum Bedarf an Kräften hatte und bevorzugt auf gut ausgebildete Berufssoldaten setzen wollte.
Pistorius spricht sich für das schwedische Modell aus
Heute leidet das deutsche Militär unter einem starken Bewerbermangel. Laut Gesetz müßte sie mindestens eine Truppenstärke von 203.000 Soldaten einhalten, derzeit sind allerdings lediglich rund 180.000 Soldaten im Dienst. Bis 2031 soll die Zahl aktiver Armeeangehöriger daher anwachsen.
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bezeichnete die Abschaffung der Wehrpflicht kürzlich als einen „schweren Fehler“. Er spricht sich für das schwedische Modell aus, bei dem zwar alle jungen Männer und Frauen gemustert werden, aber nur ein ausgewählter Teil den Grundwehrdienst leistet. Die Auswahl richtet sich dabei sowohl nach dem Interesse der Gemusterten als auch nach deren Fähigkeiten. (lb)