Die Vermögensberater können sich angesichts der bevorstehenden Zinswende, der Konjunkturschwäche und der geopolitischen Risiken derzeit kaum vor Kundenterminen retten. Der Aufklärungsbedarf ist gewaltig. Die über Jahrzehnte erprobte Zauberformel von 60 Prozent in Aktien und 40 Prozent in Anleihen kommt in einer Zeit mit derart vielen Fragen bei manchen Geldexperten daher auf den Prüfstand. Der Münchner Finanzberater Andreas Zachmann schlägt vor, die bisherige Zauberformel auf den Kopf zu stellen.
„Ein Mix 60 Prozent Aktien und 40 Prozent Anleihen richtet sich schon an Anleger, die ausgeprägt renditeorientiert sind. Gerade jetzt, wo es interessante Anleihezinsen gibt, würden wir das Verhältnis eher umdrehen, also 40 Prozent Aktien und 60 Prozent Anleihen“, sagte der Private-Banking-Chef der Oberbank dem FOCUS.
Sein Ziel: eine attraktive Rendite für die nächsten Jahre bei möglichst geringer Volatilität. Um die bei einer Anlagesumme von 50.000 Euro über Jahrzehnte bewährte Strategie (oder auch das umgekehrte 40/60-Verhältnis) umzusetzen, ist nicht viel zu tun. Die beiden Silos für Aktien und Anleihen lassen sich mit ETFs (Exchange Traded Funds) befüllen. Eine Auswahl von ETFs mit einem guten Risiko-Rendite-Verhältnis haben wir in zwei Tabellen zusammengestellt.
Beispiele für geeignete Aktien-ETFs
Beispiele für geeignete Anleihen-ETFs
Beispiele für geeignete Mischfonds
Risikoärmer und breit gestreut investieren
ETFs auf den amerikanischen S&P 500 oder den globalen MSCI World sind breit gestreute Möglichkeiten, um an den Aufwärtsentwicklungen der Börsen teilzuhaben und über die breite Streuung die Risiken zu minimieren. Unser Favorit ist der MSCI All World Index, der nicht nur in den USA und Europa investiert, sondern auch in vielversprechenden Schwellenländern. Der Vorteil von ETFs: Sie sind sehr viel preiswerter als herkömmliche Investmentfonds und risikoärmer als einzelne Aktien.
Für den richtigen Mix gilt die Regel: Je stärker die Kurse schwanken – im Branchenjargon Volatilität –, desto höher die Gewinnchance, aber auch das Risiko. ETFs sind keine Einbahnstraße nach oben, Themen-ETFs zu China sind ein warnendes Beispiel. Nach einem jahrelangen Höhenflug sind sie abgestürzt. Bereits seit Längerem greifen institutionelle Investoren nur noch vorsichtig zu Papieren aus China. Das haben auch die Inhaber von China-ETFs zu spüren bekommen.
Die Mischung machts
Unser Tipp: Teilen Sie den Aktienanteil in Ihrem Depot – egal ob 60 Prozent oder 40 Prozent – in zwei Hälften auf. Beispielsweise in drei ETFs und drei defensive Aktien wie Allianz , Nestlé oder Procter & Gamble . Der Münchner Versicherungskonzern, der Schweizer Nahrungsmittelriese oder der US-Konsumgüterhersteller haben vieles gemeinsam: Sie verfügen über Preissetzungsmacht, ihre Geschäfte wachsen trotz konjunktureller oder hausgemachter Probleme, und sie verfügen über eine erstklassige Dividendenpolitik.
Ihr Nachteil: Mit Ausnahme von Procter & Gamble sind die Aktien schon relativ teuer. Doch für Anleger, die für fünf Jahre oder länger investieren, ist der aktuelle Kurs nicht entscheidend, sondern die Stärke des Unternehmens. Daran gibt es bei Allianz, Nestlé und Procter & Gamble seit Jahrzehnten nur wenig auszusetzen.
Zu einer klugen Strategie gehören Anleihe-ETFs. Staatsanleihen mit mittlerer oder längerer Laufzeit in Währungen wie Dollar oder Euro sollten als Stabilisatoren ins Depot. Viele Unternehmensanleihen sind ohnehin nur für institutionelle Anleger zugänglich. Längst haben die ETF-Emittenten eine Reihe von Produkten für Anleger mit großer Risikobereitschaft oder hohem Sicherheitsbedürfnis aufgelegt. In der Tabelle sind die besten aufgelistet. Für ganz Faule gibt es Mischfonds aus Aktien und Anleihen.
Noch ein Tipp zum Schluss: Zerbrechen Sie sich in diesen volatilen Zeiten nicht zu sehr den Kopf über den richtigen Einstiegszeitpunkt, um ETFs, Aktien oder gar Gold zu kaufen. „Beim kurzfristigen Timing immer richtigzuliegen gelingt selbst Profis nicht“, sagt Amundi-ETF-Manager Thomas Wiedenmann. Wer möchte dem widersprechen?
Deshalb gilt noch immer die Erkenntnis des US-Ökonomen Harry Markowitz. Der Begründer der Portfoliotheorie sagte nach dem Erhalt des Nobelpreises: „Ich bekam den Preis für die Portfoliotheorie, die besagt, dass man, vereinfacht gesagt, nicht alles auf ein Pferd setzen sollte. Dabei muss man jedoch die langfristige Durchschnittsrendite gegen die Variabilität der Renditen abwägen.“ Seine Weisheiten gelten heute noch: Selbst bei 50000 Euro heißt die goldene Regel: Breit investieren und Risiken kontinuierlich überprüfen.