Am nordrhein-westfälischen Oberverwaltungsgericht (OVG) beginnt am Dienstag (9.00 Uhr) eine Berufungsverhandlung im Streit über die Einstufung der AfD durch den Verfassungsschutz. Das Bundesamt (BfV) mit Sitz in Köln hatte die Partei sowie die Jugendorganisation Junge Alternative (JA) als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft. Das Verwaltungsgericht in Köln bestätigte im Jahr 2022 diese Sicht. Entsprechend dürfen Partei und JA seitdem mit nachrichtendienstlichen Mitteln beobachtet werden. Gegen das Urteil aus Köln hat die Partei Berufung eingelegt. Die obersten NRW-Verwaltungsrichter klären jetzt in einer mündlichen Verhandlung, ob die Einschätzung des BfV rechtens ist. 

Dass die beiden Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla bei der Verhandlung erscheinen, wird nicht erwartet. Aus dem Bundesvorstand soll der frühere Bundestagsabgeordnete Roman Reusch kommen. Das Gericht hat für Mittwoch (13.3.) einen zweiten Termin für die Verhandlung angesetzt. Ob es am ersten oder zweiten Tag ein Urteil geben wird, ist offen.

AfD gegen Deutschland – für die Partei steht viel auf dem Spiel

Ausgewichen ist das OVG wegen der großen Zahl an Prozessbeteiligten und rund 100 angemeldeten Journalisten auf die Eingangshalle des Gerichts. Das Gericht selber führt alle Akten mit 15 000 Seiten digital. Die Verwaltungsakten des Bundesamtes für Verfassungsschutz werden von 275 Aktenordnern gehalten und am OVG in einem abgetrennten Raum gelagert. Zur mündlichen Verhandlung werden die Beteiligten jeweils ihre eigenen Kopien mitbringen. 

Dass sich die AfD gegen die Entscheidung des Kölner Verwaltungsgerichts juristisch zur Wehr setzt, hat keine aufschiebende Wirkung, was die Beobachtung der Partei angeht. Das heißt, dass der Verfassungsschutz in den vergangenen Monaten bereits nachrichtendienstliche Mittel wie Observation und Anzapfen von Informanten (sogenannte V-Leute) verwenden durfte, um herauszufinden, ob sich der Extremismus-Verdacht erhärtet oder nicht.

Was ist von dem Urteil zu erwarten? „Ich halte es für wahrscheinlich, dass die Einstufung bestätigt wird“, sagt der Rechtsextremismusexperte Axel Salheiser gegenüber „ntv“. Danach würde der Streit vermutlich in die nächste Instanz gehen, das Bundesverwaltungsgericht. „Und schließlich an das Bundesverfassungsgericht, bei dem die Verfahrensprüfung liegen würde“, so Salheiser.

Dabei steht für die AfD einem Bericht zufolge viel auf dem Spiel: Laut „Süddeutsche Zeitung“ droht der Partei zudem die Einstufung als gesichert extremistische Bestrebung – also Stufe drei statt wie bisher Stufe zwei. Das Gutachten dazu soll bereits fertig sein, die Anmerkungen des Gerichts dazu sollen allerdings noch berücksichtigt werden.

OVG Münster als letzte Tatsacheninstanz

In der Vorinstanz hatte das Verwaltungsgericht in Köln ausreichend Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen innerhalb der AfD gesehen. Das galt auch für den Fall der JA. In dem Konflikt zwischen der AfD und dem Bundesamt ist das Oberverwaltungsgericht die letzte Tatsacheninstanz. Das bedeutet: Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig als mögliche nächste und letzte Instanz nimmt nur noch eine reine Rechtskontrolle vor. Die Aufklärung des Sachverhalts durch ein Gericht sowie Beweisanträge durch die AfD oder das Bundesamt sind nur bis zum OVG möglich.  

Zuletzt gab es in Münster mit rund 30 000 Menschen eine Großdemonstration gegen einen Neujahrsempfang der AfD im Historischen Rathaus. „Die Polizei Münster wird spezielle Maßnahmen treffen, um die Gerichtsverhandlung zu schützen und einen ungestörten Verlauf zu gewährleisten. Dazu zählen unter anderem auch Absperrungen“, teilte Polizeisprecher Jan Schabacker auf Anfrage der dpa mit. Bis zum Wochenanfang war eine Demonstration mit rund 20 Teilnehmern bei der Polizei angemeldet worden.





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