Brüssel. In der Nacht von Samstag auf Sonntag werden in Deutschland und vielen anderen EU-Ländern die Uhren wieder auf Sommerzeit umgestellt. Statt 2 Uhr ist es dann bereits 3 Uhr. Manch einer ärgert sich über die „gestohlene“ Stunde Schlaf, dafür bleibt es abends länger hell.

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Dabei sollte es die Umstellung von Winter- auf Sommerzeit und wieder zurück eigentlich gar nicht mehr geben. Bereits 2018 hatte die Europäische Union vorgeschlagen, die Zeitumstellung abzuschaffen. Kurz darauf stimmte das EU-Parlament dem Vorschlag zu. Er sah vor, dass die Uhren in den Staaten, die bei der Sommerzeit bleiben wollen, im Frühjahr 2021 zum letzten Mal umgestellt werden. Für alle, die bei der Winterzeit bleiben wollen, sollte die letzte Umstellung im Herbst 2021 erfolgen. Doch dazu kam es nicht, weil sich die EU-Staaten nicht einigen konnten. Seitdem liegt das Thema auf Eis.

Die jährliche Zeitumstellung sei für viele Menschen ein echtes Ärgernis, sagt die CSU-Vizeparteichefin und EU-Abgeordnete Angelika Niebler dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Seit über vier Jahren haben sich die Mitgliedsstaaten noch nicht auf einen gemeinsamen Standpunkt einigen können“, kritisiert sie und fordert endlich die Abschaffung. Die belgische Ratspräsidentschaft solle das Thema wieder auf die Tagesordnung setzen, damit sich die Mitgliedsstaaten endlich einigen. Diese Forderung teilt auch die Vorsitzende des EU-Ausschusses für Verbraucherschutz, Anna Cavazzini (Grüne). Das Gesetz sei „zum Rohrkrepierer im Rat“ geworden und die Mitgliedsstaaten müssten sich endlich auf eine Position einigen. „Die Zeit zwischen Europawahl und neuem Arbeitsprogramm der Kommission ließe hierfür diesen Sommer ausreichend Raum“, sagt sie.

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EU-Diplomaten halten es aber für ausgeschlossen, dass die Zeitumstellung bald auf die Agenda der Mitgliedsstaaten kommt. „Da die Entscheidung über die Abschaffung der Zeitumstellung sehr viele unterschiedliche Folgen hat, wollen viele Mitgliedsstaaten eine Folgenabschätzung von der EU-Kommission haben“, heißt es in Brüssel. Zudem sei die Sorge groß, dass ein Flickenteppich entsteht, wenn sich ein Land für die Sommerzeit und das Nachbarland für die Winterzeit entscheidet.

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Ob die Zeitumstellung mehr Vor- oder Nachteile bringt, ist umstritten. Die Hoffnung, das Tageslicht besser zu nutzen und dadurch Energie zu sparen, habe sich größtenteils nicht erfüllt, sagt die EU-Abgeordnete Cavazzini. Laut einer neuen Umfrage der Krankenkasse DAK-Gesundheit leiden allerdings 30 Prozent der Deutschen unter der Umstellung von Winter- auf Sommerzeit. Das sei der höchste Wert der vergangenen zehn Jahre.

Beliebt war die Zeitumstellung noch nie. In einer Erhebung der EU-Kommission hatte sich die Bevölkerung 2018 mit deutlicher Mehrheit für die Abschaffung der Zeitumstellung ausgesprochen. Bei einer Befragung von 4,5 Millionen Menschen waren 84 Prozent für ein Ende der Umstellung. Nur 16 Prozent wollten sie behalten. Neuere Umfragen bestätigen, dass die Mehrheit die Zeitumstellung ablehnt. Da aber keinerlei Bewegung der EU-Staaten in Sicht ist, wird Europa wohl noch häufiger an der Uhr drehen müssen.



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