Berlin. Zum Tag der Arbeit, dem Mai-Feiertag, gehört die Diskussion über Löhne und Arbeitsbedingungen ins Repertoire der Politik. In das der Gewerkschaften sowieso. SPD und Grüne halten den Mindestlohn von derzeit 12,41 Euro pro Stunde für zu niedrig. Wie Verdi-Gewerkschaftschef Frank Werneke sagte die Grünen-Fraktions­vorsitzende Katharina Dröge dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND), der Mindestlohn müsse absehbar auf 15 Euro pro Stunde steigen.

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SPD-Chefin Saskia Esken ärgert sich aber auch noch immer darüber, dass bei der jüngsten – geringen – Erhöhung die Arbeitnehmervertreter in der Mindestlohnkommission überstimmt wurden. Damit das nicht wieder passiert, schwebt ihr eine Reform der gesetzlichen Vorgaben für diese Kommission vor. Und zwar so, dass dort Entscheidungen nur im Konsens getroffen werden können – wie bei Tarifverhandlungen auch. „Man muss sich einigen, die eine Seite kann die andere nicht überstimmen“, hatte Esken dem RND gesagt. Unterstützung in der Koalition bekommt sie auch hier von den Grünen. Die FDP lehnt den Vorstoß hingegen ab.

Von der Unionsfraktion war am Montag keine Stellungnahme zu bekommen. Der sozialpolitische Flügel steht einer Änderung der Abstimmungspraxis dem Vernehmen nach aufgeschlossen gegenüber. Darüber gibt es aber offenbar noch keinen Konsens mit dem Wirtschaftsflügel. Der Bundesverband der Arbeitgeber reagierte bis Redaktionsschluss nicht auf eine RND-Anfrage.

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Dröge: „Wir wollen einen Mindestlohn, von dem Menschen leben können“

Dröge unterstützte eine Reform der Kommission und nannte gleich einen nächsten Schritt: „Wir wollen daher die Mindestlohn­kommission reformieren und eine echte Lohnuntergrenze einführen. Wir schlagen vor, dass die Untergrenze für den Mindestlohn wie von der EU vorgeschlagen bei 60 Prozent des Medianlohns liegt. Das hieße für 2024 über 14 Euro Mindestlohn, 2025 wären es knapp 15 Euro.“ Die 41‑Cent-Erhöhung in diesem Jahr könne die steigenden Preise nicht ausgleichen. „Wir wollen einen Mindestlohn, von dem Menschen, die Vollzeit arbeiten, auch leben können“, sagte sie dem RND.

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Auf die EU-Richtlinie verweist auch Verdi-Chef Frank Werneke. „Da die durchschnittlichen Löhne weiter steigen werden, braucht es 2026 einen Mindestlohn von 15 Euro die Stunde“, sagte er dem RND. Und: „Insofern empfehle ich jeder Partei, die von breiten Teilen der Bevölkerung gewählt werden will, im Bundestags­wahlkampf deutlich zu machen, dass sie für 15 Euro die Stunde eintritt.“

FDP warnt vor Lähmung der Kommission

Die FDP lehnte Eskens Reformvorschlag ab. „Die Entscheidungsfindung in der Mindestlohn­kommission ist ein sorgfältig austarierter Kompromiss, den die FDP entschieden unterstützt“, sagte Fraktionsvize Lukas Köhler dem RND. „Der Einsatz des Stimmrechts durch den unabhängigen Kommissionsvorsitz in Pattsituationen verhindert einen Stillstand bei der kontinuierlichen Anpassung des Mindestlohns.“ Ausgerechnet die jetzigen SPD-Gedankenspiele könnten zu einer Lähmung der Kommission führen. Ferner sagte Köhler, solange die SPD-Vorsitzenden Esken und Lars Klingbeil sich auf ihre Parteizentrale beschränkten, „dürfen sie weiter gegen die Integrität der Mindestlohn­kommission wettern.“ In der Praxis habe das keine Chance.

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Die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbands Deutschland, Michaela Engelmeier, sagte dem RND: „Nur ein ausreichender Lohn beugt Armut – und damit auch am Ende eines Arbeitslebens der Altersarmut – vor.“ Gerade die letzten beiden Jahre mit einer überdurchschnittlichen Inflation hätten gezeigt, wie schnell Menschen mit geringen Einkommen unter finanziellen Druck gerieten. „Hier muss sich die Mindestlohn­kommission schneller und engmaschiger an den tatsächlichen Bedingungen orientieren können. Aus unserer Sicht sollte sie außerdem jährlich eine neue Höhe festlegen.“

Anfang 2025 wird die von der Mindestlohnkommission vorgeschlagene und staatlich festgesetzte Lohn­untergrenze von 12,41 Euro auf 12,82 Euro steigen. Das hatte die Mindestlohnkommission von Arbeitgebern und Arbeitnehmern 2023 beschlossen. Erstmals war die Gewerkschaftsseite dabei von der unabhängigen Kommissionsvorsitzenden überstimmt worden, die mit den Arbeitgebern votiert hatte.



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