Malu Dreyer fällt es offenkundig schwer, als Minister­präsidentin zurückzutreten. Sie liebt Rheinland-Pfalz und das Amt, mit dem sie den Alltag der Menschen dort seit elf Jahren maßgeblich gestaltet hat. Man kann nur vermuten, dass auch die Rückschläge für ihre Partei bei Wahlen und die Krisenlage in Deutschland und der Welt diese Entscheidung befördert haben. Aber der wesentliche Grund, das darf man der 63-Jährigen glauben, ist ein anderer: Sie kann nicht mehr. Offen, wie es nur wenige sich zu sagen trauen, bekennt sie, dass ihr die Kraft für ihre Arbeit fehlt.

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Das ist selten und das hat Größe. Und damit ist Dreyer ein Vorbild – nicht nur in der Politik, sondern für alle, denen es ähnlich geht, gleich, in welchem Zusammenhang. Es macht Mut, wenn jemand das Haus geordnet übergibt, statt sich für unersetzlich zu halten. Es gibt immer ein Leben danach. Für die anderen – und für einen selbst.

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Dreyer wird auch dem Kanzler fehlen

Es ist aber eine Kunst, den richtigen Zeitpunkt zum Aufhören zu finden. In der Politik allemal. Das Land, seine Menschen, die Koalition, die Partei – Politikerinnen und Politiker tragen für alles und alle Verantwortung. Sie haben sich das ausgesucht, ihr Lohn ist die Macht. Aber wie brutal und gnadenlos dieser Beruf in der schnelllebigen Zeit und bei der aggressiven Stimmung in Deutschland mit widerlichen Anfeindungen und sich zugleich überschneidenden Krisen geworden ist, sollte nicht übersehen werden.

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Dreyer geht zwei Jahre vor der nächsten Landtagswahl und ermöglicht damit ihrem Nachfolger Alexander Schweitzer, sich in das Amt einzufuchsen. Rheinland-Pfalz bleibt in geordneten Bahnen mit einer Ampel­regierung, die sich im Gegensatz zur Bundes­regierung nicht im Streit verliert. Schon das zeigt die Schwäche von Olaf Scholz, FDP und Grüne zusammenzuhalten. Ihm wird Dreyer als ruhige Vermittlerin zwischen Bund und Ländern sehr fehlen.



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