Inmitten der fortdauernden Tragödie des Krieges schimmerte
in der vergangenen Woche ein wenig Hoffnung für die Ukraine auf. In einem
ganzen Reigen von Konferenzen bekräftigten die westlichen Unterstützer des von Putin
angegriffenen Landes ihr Schutz- und Verteidigungsversprechen. Einem
“Diktatfrieden” (Olaf Scholz) soll sich die Ukraine nicht beugen müssen.

In Berlin versprachen 2.000 Vertreter von Regierungen und
Unternehmen, sich am Wiederaufbau der ukrainischen Wirtschaft beteiligen zu
wollen. Beim G-7-Gipfel in Apulien sagten die sieben führenden demokratischen
Industrienationen der Ukraine einen Kredit von 50 Milliarden Dollar zu
. Am
Rande des Treffens unterzeichneten die Vereinigten Staaten und die Ukraine ein
Sicherheitsabkommen. “Putin kann uns nicht aussitzen”, versicherte US-Präsident
Joe Biden.

Die Woche endete mit der “Konferenz zum Frieden” auf dem
Bürgenstock in der Schweiz. An dessen mageren Ergebnis mag man nach Herzenslust
herummäkeln. Aber dass 101 Staaten und internationale Organisationen teilnahmen,
war ein großer Erfolg für die Ukraine und den Gastgeber Schweiz. Es zeigte sich,
wie isoliert Russland inzwischen ist. Einst wurden die G7-Treffen durch die
Anwesenheit Putins zu G8-Gipfeln. Heute bleibt ihm statt Apulien nur Pjöngjang.
Nordkoreas Diktator Kim Jong Un immerhin hält noch zu ihm.

Unter all den Konferenzen wurde eine kaum beachtet, die für
die Ukraine besonders wichtig war. Die Verteidigungsminister der Nato
beschlossen, die Waffenlieferungen und die Ausbildung ukrainischer Soldaten
künftig von Wiesbaden aus zu koordinieren. Diese neue Mission, Nato Security
Assistance and Training for Ukraine
, löst das bisherige, von den USA
geführte, aber eher informelle Ramstein-Format ab. Damit soll, dies ist ein
Hintergedanke, die Kontinuität der Hilfe über eine mögliche Trump-Wahl hinaus
gewährleistet werden.

Der Westen zeigte sich in den zurückliegenden Tagen also auf
eindrucksvolle Weise handlungswillig und handlungsfähig. Das wird auch im
Globalen Süden anerkannt, der beim G7-Gipfel durch Mächte wie Indien und
Brasilien vertreten war. Weltweit wird Putins Aggression unverändert als ein
empörender Bruch des Völkerrechts verurteilt. Und selbst wenn dem Westen in
vielen Konflikten Selbstbezogenheit und Doppelmoral vorgeworfen werden können: Bei
diesem Krieg weiß man im Globalen Süden sehr wohl zwischen Täter und Opfer zu
unterscheiden.

Hässlich, aber noch unbedeutend

Das Gerede vom angeblichen Abstieg des Westens erweist sich einmal
mehr als Unfug. Wenn es darum geht, die großen Probleme der internationalen
Politik zu lösen, suchen die Regierungen des Globalen Südens die Zusammenarbeit
mit dem Westen. Dass sie es sich, aus Überzeugung und Interesse, zugleich mit
Russland und China nicht verderben wollen, was sollte daran überraschend sein?

Schon weil von stabilen Verhältnissen im Westen keine Rede
sein kann. Nicht nur droht eine Rückkehr Donald Trumps. Beim G7-Treffen saßen
neben Joe Biden auch Olaf Scholz und Emmanuel Macron auf sehr wackeligen
Stühlen. Rishi Sunak steht in Großbritannien unmittelbar vor der Abwahl. Wahrhaftig,
es war keine Riege stolzer Regierender, die sich da in Apulien versammelte.

Und es kann leicht noch schlimmer kommen. Der Einfluss der
Autoritären, der Xenophoben und der Nationalisten in der Europäischen Union wie
in den Vereinigten Staaten dürfte weiter wachsen. Martin Wolf, Kolumnist der Financial
Times
, schrieb dazu dieser Tage: “Der Westen muss großzügiger reagieren
auf die Sorgen der sich entwickelnden Länder. Aber zunächst und vor allem muss
er überleben als Gemeinschaft liberaler Demokratien. Dies ist eine moralische
und eine praktische Notwendigkeit. Wenn der autoritäre Nationalismus das
zerstört, wird der Westen den Kampf verloren haben.”

Wie armselig Rechts- und Linkspopulismus hierzulande
daherkommen, war am vergangenen Montag im Bundestag zu besichtigen, als AfD und
das Bündnis Sahra Wagenknecht die Rede von Wolodymyr Selenskyj boykottierten
. Glücklicherweise
blieb ihnen nur diese Geste. Hässlich anzusehen, aber ohne größere Bedeutung.
Was in den zurückliegenden Tagen wirklich zählte, das war die praktizierte
Solidarität mit der Ukraine. Noch versammelt sich hinter dieser Politik die
Mehrheit der Wähler. Was ein Trost ist. Kein großer. Und doch.



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