Beim Eröffnungsspiel der Fußball-Europameisterschaft am vergangenen Freitag hat sich ein Youtuber als EM-Maskottchen „Albärt“ verkleidet in den Innenraum der in „Munich Football Arena“ umbenannten Arena in Fröttmaning geschmuggelt. Der 27-jährige Marvin Wildhage hatte die Aktion offenbar monatelang vorbereitet und sich unter anderem ein Albärt-Kostüm für 5000 Euro anfertigen lassen.

Nach eigenen Angaben hatte Wildhage einen Parkausweis gefälscht und DFB-Aufkleber auf sein Auto appliziert, um sich so einen offiziellen Anstrich zu geben. Den Mitarbeiterausweis hatte er demnach von einem Freiwilligen erhalten, der noch vor Beginn des Turniers abgesprungen war.

Zusammen mit einem Helfer war Wildhage dann in den Innenraum des Stadions gelangt. Dort tanzte er während der Eröffnungsfeier auf dem Spielfeld herum und ließ sich fotografieren, unter anderem mit dem ehemaligen Nationalspieler Mario Gómez. Nach einiger Zeit wurde er von einer Offiziellen ins Innere des Stadions geleitet – da, so sagt er in dem auf Youtube veröffentlichtem Video, habe er gedacht, die Aktion sei nun vorbei. Die Mitarbeiterin habe ihm aber nur vorgeschlagen, er solle sich ausruhen und etwas trinken – offensichtlich hielt auch sie ihn für das echte Maskottchen.

Schließlich wurde Wildhage aber doch enttarnt. Er fiel auf, weil er den Weg zur Garderobe des Maskottchens nicht wusste, und wurde mehrfach aufgefordert, den „Albärt“-Kopf abzunehmen. Als er das schließlich tat, wurde er als Youtuber erkannt – lustigerweise in genau dem Moment, als das echte Maskottchen hinter ihm vorbeilief, dem Wildhage ein fröhliches „Arbeitskollege! Hei!“ entgegenrief.

Danach wurde er zur Gefangenensammelstelle der Polizei gebracht. Ihn erwarten nun Anzeigen wegen Hausfriedensbruchs, Erschleichen von Leistungen und Urkundenfälschung, wie ein Polizeisprecher bestätigte. Die Polizei betont aber auch, dass für die Sicherheit im Stadion, gerade beim Einlass, alleine die Uefa beziehungsweise die eigens gegründete „Uefa Euro 2024 GmbH“ als Veranstalter des Turniers zuständig sei und die Beamten nur bei Störungen einschreiten würden.

Der Veranstalter selbst bestätigt den Vorfall in einem offiziellen Statement: „Drei Personen haben sich unberechtigt Zugang zur Fußball-Arena München verschafft“ – einer davon war der Fahrer des Autos, der die beiden anderen aussteigen ließ, dann aber wieder wegfuhr. Nun habe die Uefa „die Situation ausgewertet und die notwendigen organisatorischen Maßnahmen eingeleitet“. Welcher Art diese Maßnahmen sind, wollte ein Sprecher auf Nachfrage nicht konkretisieren. Gegen Wildhage und seine Helfer wurden zunächst Platzverweise und dann Betretungsverbote für alle Stadien der EM ausgesprochen. Zudem soll die Uefa ihm verboten haben, das Video von der Aktion zu veröffentlichen, und angedroht haben, dagegen vorzugehen, sollte dies doch geschehen.

Daran hielt sich Wildhage nicht – sein etwa 20-minütiger Film wurde auf seinem Youtube-Portal bis Montagnachmittag bereits mehr als 800 000 Mal angeklickt. Die meisten Kommentare loben die Aktion, weisen aber auch darauf hin, dass es offenbar gravierende Sicherheitsmängel gegeben habe.

Wildhage bezeichnet sich selbst als Moderator, Journalist, Filmproduzent und Webvideoproduzent. In der Vergangenheit fiel er schon mehrfach durch Streiche unter falscher Identität auf. So spielte er 2019 einem anderen Youtuber einen Streich, als er ihn mit einer ausgedachten Agentur und einem Dieter-Bohlen-Double hereinlegte.

Später schlich er sich auf das Trainingsgelände der Profi-Fußballmannschaften von Hannover 96 und Hertha BSC Berlin ein und nahm am Training teil, wurde jedoch beide Male nach kurzer Zeit enttarnt. Zuletzt hatte er sich Internet-Influencerinnen und Boulevardmedien vorgenommen: Erstere foppte er mit einer frei erfundenen Anti-Aging-Creme namens „Hydro Hype“, für die einige Netz-Starlets ungefragt Werbung machten. Mehreren Boulevard-Illustrierten jubelte er ein Foto von der angeblich schwangeren Laura Müller unter, der Freundin des Schlagersängers Michael Wendler. In Wirklichkeit handelte es sich auch hier um ein Double, die Bilder wurden trotzdem binnen Minuten veröffentlicht.



Source link www.sueddeutsche.de