Schönberg. „Hier sind eure zwei kleinen Biere“, sagt Kneipenwirt Frank Fleischmann und drückt gestandenen Männern lächelnd Biergläser in der Größe eines Shotglases in die Hand. Die Tische im Bräuhuus in Schönberg sind aus rustikalem Holz gefertigt, in der Luft liegt der Geruch von Käsespätzle und frisch gezapftem Bier, aus den Lautsprechern ertönt bayrische Blasmusik. Verdutzt schauen die beiden Männer ihn an, am Rest des Tisches herrscht schallendes Gelächter. „Also eigentlich meinte ich mit klein 0,3“, erwidert einer der beiden. „Ist bereits in Arbeit, aber ein bisschen Spaß muss ja sein“, sagt Fleischmann. Die beiden Gäste prosten sich lachend zu und trinken ihr Bier mit einem Schluck aus.

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Durch Späße wie diesen erfreut sich der Kneipenwirt in Schönberg großer Beliebtheit. Seit nun drei Jahren ist der Österreicher, den hier fast alle Franzl nennen, in der Ostseegemeinde hinter dem Tresen. Und kommt trotz anfänglicher Skepsis gut mit den – dem Vorurteil nach – kühlen Norddeutschen klar. „Mir wurde in Österreich gesagt, dass hier nur sture Menschen leben. Das kann ich überhaupt nicht bestätigen. Ich wurde hier total herzlich aufgenommen.“

Die Liebe brachte ihn von den Bergen zum Meer

Vor sechs Jahren entschied Fleischmann, die Berge in der Steiermark hinter sich zu lassen, und an die Kieler Förde zu kommen. „Hier kann ich schon am Montag sehen, wer Sonntag zu Besuch kommt“, sagt Fleischmann lachend mit Blick auf das flache Probsteier Land. Trotzdem fühlt er sich hier wohl und dies, obwohl er in Österreich deutlich mehr Geld verdienen konnte. Der Grund: die Liebe zu seiner in Kiel lebenden Partnerin. „Geld ist nicht alles: Ich mache das alles aus Liebe zur Frau und zu den Menschen hier vor Ort.“

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Nachdem er zuerst im Wirtshaus in Kiel gearbeitet hat, schwebt nun durchs Schönberger Bräuhuus ein Hauch von österreichischem Flair. Beinahe jeden Abend holt Fleischmann seine Ziach – ein österreichisches Harmonikainstrument heraus und macht im Lokal Musik. „Das Instrument kennt hier keiner, aber trotzdem machen immer alle Gäste mit“, sagt er. Fleischmann hat sich nun das Instrument geschnappt und fängt konzentriert an zu spielen. Mit den Händen drückt er auf die Knöpfe während er das Instrument wie ein Fächer auseinanderzieht. Es ertönt Musik, die so wenig an eine Hüttengaudi im Skigebiet erinnert – mit den Füßen und dem Kopf wippt er mit.

Kneipengast erzählt: „Er ist wie ein Anker für mich“

Fleischwirt ist für die Gäste nicht nur Musiker und Kneipenwirt, sondern nach eigener Aussage auch Psychologe, Security, Rammbock und Beichtvater. Und seine Gäste wissen das zu schätzen. „Er ist für mich wie ein Anker, er hat eine ganz besondere Art“, sagt Angelika Bredow aus Schönberg.

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Für sie trägt der 63-Jährige damit auch einen großen Beitrag zum Dorfleben in Schönberg bei. „Er ist durch seinen Humor und seine Herzlichkeit ein Anziehungspunkt in Schönberg.“

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Fleischmanns Zeit in Schönberg könnte bald enden

Doch dieser Anziehungspunkt könnte die Ostseegemeinde bald schon verlassen. Fleischmann möchte in die Berge und wird nach aktuellem Plan im neuen Jahr wieder nach Österreich ziehen und dort als Skilehrer arbeiten. „In Österreich kann ich vormittags im See baden und nachmittags auf dem Gletscher Ski fahren“, sagt Fleischmann.

Trotzdem würde er Schönberg mit einem lachenden aber auch mit einem weinenden Auge verlassen. Bei Gästen wie bei Bredow überwiegt das weinende Auge. „Ich darf daran noch gar nicht denken. Er ist für mich hier nicht zu ersetzen.“

KN



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