Leipzig. In jedem Stadion der Fußball-EM sollen über 40 Kameras für perfekte Bilder sorgen. Allein 33 davon sind nur für die Live-Übertragung vorgesehen. Gesendet wird dabei nicht aus München, Berlin oder Dortmund, sondern aus Leipzig. Denn alle bewegten Aufnahmen werden hier gebündelt, aufbereitet und dann in die Welt geschickt. „Hier“ meint die Halle vier des Leipziger Messegeländes, in diesen Tagen besser bekannt als das „International Broadcast Center“ (IBC) der UEFA EURO.

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Dessen Aufbau begann bereits Anfang des Jahres. 59 Kilometer Kabel wurden verlegt. Inzwischen riecht es hier nach Holz. Alle Ein- und Aufbauten auf 8000 Quadratmeter Fläche sind daraus entstanden (und werden nach dem Turnier wieder abgebaut). 4029 Meter des nachwachsenden Rohstoffs wurden verbraucht. Die Räumlichkeiten wirken hell und gemütlich, vermitteln von außen eher den Charme eines Ferienhauses oder einer Sauna denn den Eindruck von Hightech. Ein Trugbild, denn gewöhnlich ist nichts von dem, was hier in den kommenden Wochen passieren wird.

Alles in Holz: Für den Aufbau International Broadcast Centre auf der Leipziger Messe wurden mehr als 4000 laufende Meter Holz verarbeitet.

Alles in Holz: Für den Aufbau International Broadcast Centre auf der Leipziger Messe wurden mehr als 4000 laufende Meter Holz verarbeitet.

Eine einzige Live-Übertragung? Gibt es nicht

Um zu verstehen, was genau im IBC eigentlich abläuft, lohnt sich ein Blick in den Hauptkontrollraum, in dem sich ein Monitor an den anderen reiht. In den Tagen vor Turnierbeginn sind hier vor allem Testbilder zu sehen. Das wird sich mit dem Auftaktspiel am Freitag ändern. Der Europäische Fußballverband tritt während der EM nicht nur als sportlicher Ausrichter auf, sondern auch als Dienstleister für alle Rechtehalter. In Deutschland ist das die Telekom. Die hat wiederum Verträge mit RTL sowie ARD und ZDF geschlossen. Weltweit gibt es 130 Rechtehalter. Keiner davon wird allerdings mit eigenen Kamerateams vor Ort sein. Sie alle bekommen ihr Material von der UEFA – aus Leipzig.

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Um die Dimensionen zu verdeutlichen: Im IBC wird nicht einfach eine einzige Live-Übertragung realisiert. Produziert wird zum Einen das so genannte Weltsignal, eine neutral gehaltene Version. Natürlich hat auch die ihre Feinheiten. Elektronische Werbebanden in Stadien sind inzwischen normal. Weniger gebräuchlich ist, dass die Fans im Stadion auf diesen Banden andere Spots sehen werden als die Fans vor dem Bildschirm. Letztere erhalten eine je nach Land ausgesteuerte Werbung im Bereich der Bande. Realisiert wird das im IBC.

Auch für die Verpflegung der Mitarbeitenden ist gesorgt – wie mit dem IBC Café.

Auch für die Verpflegung der Mitarbeitenden ist gesorgt – wie mit dem IBC Café.

Ein Kommentar, eine Leitung

Zum Anderen bietet die UEFA den Rechtehaltern 16 weitere Versionen der Live-Übertragung pro Partie an, so genannte Feeds, zum Beispiel mit Fokus auf eines der beiden Teams oder auf Taktik. Die 33 Live-Kameras je Stadion bieten alle denkbaren Blickwinkel. Das Motto? „Alles, was für das Spiel relevant ist, wird gezeigt“, so ein UEFA-Sprecher gegenüber der LVZ. Das heißt auch: Nicht Relevantes bleibt außen vor. Dazu gehören Flitzer ebenso wie der Einsatz von Pyrotechnik. „Wir wollen niemanden ermutigen“, hieß es seitens des Verbandes zur Begründung. Parallel zur Live-Übertragung werden Clips aller Art produziert, zum Beispiel zur Wiederholung besonders emotionaler Szenen.

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Das Genannte ist bei Weitem nicht alles, was in Leipzigs Messehalle vier kulminiert. Denn auch sämtliche Leitungen, die für Interviews und Kommentare benötigt werden, laufen hier zusammen. Allein beim Finale rechnet der Verband beispielsweise mit 300 Live-Kommentatorinnen und -Kommentatoren. Jede und jeder benötigt eine Leitung. Verdrahtet sein werden sie alle mit dem IBC, wo in den kommenden Wochen 900 Personen arbeiten, 400 von ihnen rund um das Weltsignal, 500 im Auftrag der Rechtehalter. 27 von ihnen haben eigene Räumlichkeiten im IBC. An Arbeit wird es ihnen nicht mangeln. Immerhin sieht der Spielplan bis zu drei Partien pro Tag vor. Zum Ende der Gruppenphase als besondere Herausforderung steigen je zwei Spiele gleichzeitig.

Wer überträgt die EM-Partien in Deutschland?

MagentaTV überträgt alle 51 Partien der EM in Deutschland, fünf davon exklusiv. Die ersten drei Exklusiv-Spiele sind: Ungarn – Schweiz, Schottland – Ungarn und Slowenien – Serbien. Die zwei übrigen Partien werden im Verlauf der Gruppenphase benannt. Das Magenta-Abo ist kostenpflichtig. Im frei empfangbaren Fernsehen überträgt RTL zwölf EM-Begegnungen. Die öffentlich-rechtlichen ARD und ZDF zeigen 34 Partien, darunter alle mit deutscher Beteiligung, die Halbfinals und das Finale.

Am Ende der EM werden die Signale aus Leipzig mehr als fünf Milliarden Endgeräte weltweit erreicht haben. Denn die UEFA rechnet pro Partie mit etwa 100 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern.

Der Text erschien zuerst in der „Leipziger Volkszeitung“.



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