New York/Tel Aviv

Der UN-Sicherheitsrat hat sich für einen von US-Präsident Joe Biden vorgestellten mehrstufigen Plan für eine Waffenruhe im Gaza-Krieg ausgesprochen. Eine entsprechende Resolution wurde vom mächtigsten Gremium der Vereinten Nationen in New York angenommen. 14 Mitgliedsländer stimmten dem Entwurf zu, die Veto-Macht Russland enthielt sich.

Mit dem völkerrechtlich bindenden Entschluss unterstützte das Gremium erstmals seit Kriegsbeginn einen spezifischen Plan für eine Waffenruhe. Das Papier spricht einem von Biden vorgestellten Plan, der eine Beendigung der Kämpfe im Gazastreifen in drei Phasen vorsieht, seine Unterstützung aus. 

Den USA zufolge hat nur die islamistische Hamas dem Plan bislang nicht zugestimmt. Eine klare und öffentliche Zustimmung zu dem Plan gab es bislang aber auch von der Regierung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu nicht. In der völkerrechtlich bindenden Resolution heißt es jedoch, dass Israel den Plan akzeptiert habe und fordert die islamistische Hamas auf, dies ebenfalls zu tun und drängt alle Beteiligten zu einer Umsetzung des Plans “ohne Verzögerungen und ohne Bedingungen”.

Hamas begrüßt Resolution

Die Hamas begrüßte die Resolution des Sicherheitsrats und bekräftigte den Willen, die indirekten Verhandlungen für eine Übereinkunft fortzuführen. Die positive Reaktion schien jedoch keine formelle Annahme des vorgeschlagenen mehrstufigen Plans darzustellen. Katar, Ägypten und die USA bemühen sich als Vermittler seit Monaten darum, ein Abkommen für eine Feuerpause im Gaza-Krieg, eine Befreiung der Geiseln und die Entlassung palästinensischer Häftlinge aus israelischen Gefängnissen zu erreichen. 

Zuvor hatten Repräsentanten der Hamas und des Islamischen Dschihad am Montag bei einem Treffen in Katar bekräftigt, Teil jeglicher Vereinbarung müssten ein vollständiges Ende des Krieges, ein umfassender israelischer Abzug aus dem Gazastreifen, ein Wiederaufbau des Küstenstreifens sowie ein Ende der Blockade sein. 

Der von Biden Ende Mai vorgestellte Entwurf eines Deals sieht zunächst eine vollständige und uneingeschränkte Waffenruhe von sechs Wochen vor. In diesem Zeitraum würde eine bestimmte Gruppe von Geiseln freigelassen. Im Gegenzug würden Palästinenser freikommen, die in Israel inhaftiert sind.

In der nächsten Phase würden die Kämpfe dann dauerhaft eingestellt und die verbliebenen Geiseln freigelassen. In einer letzten Phase soll dem Entwurf zufolge der Wiederaufbau des Gazastreifens beginnen. Es war bereits das elfte Mal seit Beginn des Kriegs im Gazastreifen, dass der UN-Sicherheitsrat über eine Resolution zu dem Konflikt abgestimmt hat. Nur vier Resolutionsvorschläge wurden angenommen. 

Die Europäische Union rufe zur sofortigen Umsetzung des Plans auf, teilte EU-Chefdiplomat Josep Borrell am Abend mit. Die Staatengemeinschaft unterstütze den von Biden vorgelegten umfassenden Fahrplan uneingeschränkt, bekräftigte der Außenbeauftragte.

Festhalten an Vision einer Zweistaatenlösung

In der nun verabschiedeten Resolution betont der UN-Sicherheitsrat auch das Festhalten an der Vision einer Zweistaatenlösung, bei der Israel und die Palästinenser friedlich nebeneinander leben können. Dafür sei es wichtig, das Westjordanland und den Gazastreifen wieder unter der Führung der palästinensischen Autonomiebehörde zu vereinen. Israels Regierung lehnt dies aktuell aber vehement ab. 

Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen aus dem Gazastreifen waren am 7. Oktober überraschend in den Süden Israels eingedrungen. Dort töteten mehr als 1200 Menschen und nahmen über 250 Geiseln. Das Massaker löste den Gaza-Krieg aus. Seither wurden nach Angaben der Gesundheitsbehörde mehr als 37.100 Palästinenser getötet und rund weitere 85.000 verletzt. Diese Angaben, die nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten unterscheiden, lassen sich nicht unabhängig verifizieren.

Israels Armee steht wegen ihres Vorgehens im Gazastreifen und der hohen Zahl ziviler Opfer international stark in der Kritik. Die humanitäre Lage für die mehr als zwei Millionen Menschen im Gazastreifen ist Hilfsorganisationen zufolge verheerend.

Blinken erhöht Druck auf Hamas

Derweil erhöht US-Außenminister Antony Blinken bei seinen diplomatischen Bemühungen um eine Waffenruhe den Druck vor allem auf die islamistische Hamas. Bei seinem achten Besuch im Nahen Osten seit Kriegsbeginn vor acht Monaten traf Blinken in Jerusalem Netanjahu. Blinken machte bei dem Treffen deutlich, dass die USA und führende Politiker weltweit hinter dem von Biden vorgestellten Plan für eine Waffenruhe stehen, wie das US-Außenministerium mitteilte.

Blinken hatte zuvor in Ägypten gesagt, dem von Biden vorgestellten Plan habe nur die islamistische Hamas nicht zugestimmt. “Die einzige Partei, die nicht Ja gesagt hat, ist Hamas”, sagte er in Kairo. “Länder in der Region und weltweit” würden den Plan unterstützen. “Der einzige Außenseiter derzeit ist Hamas.” 

Heute kommt Blinken mit dem israelischen Staatspräsidenten Izchak Herzog zusammen. Während seiner Nahostreise will Blinken außer Ägypten und Israel auch Jordanien und Katar besuchen. In Jordanien nimmt er an einer Konferenz teil, die mehr humanitäre Hilfe für den Gazastreifen erreichen will. 

Israelische Offensive im Gazastreifen geht weiter

Nach der Befreiung von vier Geiseln aus einem Flüchtlingsviertel im zentralen Abschnitt des Gazastreifens setzt die israelische Armee ihre Einsätze in dem Gebiet fort. Israelische Truppen seien unter anderem in Deir al-Balah und in Al-Bureidsch aktiv, teilte das Militär mit. Sie gingen dort gegen Terror-Infrastruktur über und unter der Erde vor sowie gegen Raketen-Abschussrampen.

Es seien mehrere unterirdische Tunnel zerstört worden. In Al-Bureidsch hätten Soldaten mehrere Terroristen getötet, darunter ein Mitglied der Nuchba-Truppen der Hamas, der an dem Massaker am 7. Oktober teilgenommen habe. Die Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen. Bilder aus Deir al-Balah zeigten weinende Palästinenser, die in einem Krankenhaus um ihre bei israelischen Luftangriffen getöteten Angehörigen trauerten. 

Im Westjordanland sind vier Mitglieder des bewaffneten Arms der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas getötet worden. Die israelische Armee teilte mit, israelische Sicherheitskräfte seien am Montagabend in einen Ort nahe Ramallah eingedrungen, um nach einem Anschlagsversuch einen Tatverdächtigen festzunehmen. 

Als sich die Truppen dem Gebäude näherten, in dem sich der Mann und drei weitere Hamas-Mitglieder versteckten, hätten diese in einem Fahrzeug fliehen wollen. Sie hätten versucht, die Soldaten anzufahren. Diese hätten daraufhin das Feuer eröffnet. In dem Fahrzeug seien ein Gewehr sowie Sprengsätze gefunden worden. Hamas-Medien berichteten, die vier Getöteten seien Mitglieder der Kassam-Brigaden, des militärischen Hamas-Arms, gewesen. 

Vier israelische Soldaten bei Explosion in Gebäude in Rafah getötet

Bei einer Explosion in einem Gebäude in Rafah im Süden des Gazastreifens sind nach Militärangaben vier israelische Soldaten getötet worden. Die Armee gab den Tod der vier Männer im Alter von 19 bis 24 Jahren am Dienstag bekannt. Nach israelischen Medienberichten hatten die Soldaten einen Sprengsatz in ein verdächtiges dreistöckiges Gebäude in Rafah geworfen, um mögliche Sprengfallen zur Explosion zu bringen. Es sei jedoch erst zur Explosion gekommen, als die Truppen bereits das Gebäude betreten hätten. Das Haus sei eingestürzt und habe mehrere Soldaten unter sich begraben. 

Die Armee habe später einen Tunneleingang in dem Gebäude gefunden und gehe davon aus, dass dort ein ranghohes Mitglied der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas gewohnt habe. Es seien auch sieben Soldaten verletzt worden, einige davon schwer. 

Heftige Gefechte zwischen Israel und der Hisbollah

Bei einem mutmaßlich israelischen Angriff auf einen Lastwagenkonvoi in Syrien wurden Aktivisten zufolge fünf Menschen getötet und weitere verletzt. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Großbritannien berichtete, die Lkw seien auf dem Weg in den Libanon getroffen worden, in einem Gebiet, das von der libanesischen Schiitenmiliz Hisbollah kontrolliert wird.

Eine libanesische Sicherheitsquelle sagte, mindestens neun israelische Raketen hätten das Gebiet getroffen. Nach Angaben von Augenzeugen wurden syrische Luftabwehrraketen abgeschossen, um den israelischen Angriff auf das Grenzgebiet zwischen Syrien und dem Libanon abzuwehren. Die Angaben konnten unabhängig zunächst nicht überprüft werden. Von israelischer Seite gab es zunächst keine Stellungnahme dazu.


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