Berlin. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat angesichts der starken AfD-Ergebnisse bei der Europawahl in Ostdeutschland vor einer wachsenden Spaltung zwischen Ost- und Westdeutschen gewarnt. „In sozialen Netzwerken lese ich nach der Europawahl jetzt Sätze wie: Wo bleibt die Dankbarkeit der Ostdeutschen? Das sind Fragen, die wir jetzt gerade nicht brauchen“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Der Osten hat sich nicht zu entschuldigen. Man sollte ihn vielmehr als Chance begreifen. Stattdessen geht die emotionale Einheit zunehmend krachen. Dass man von Ostdeutschen Dankbarkeit erwartet, treibt diese Spirale weiter an.“

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Mit Blick auf die Landtagswahl am 1. September fügte Ramelow hinzu: „Die Ausgangslage ist schwierig. Aber Landtagswahlen sind Personalwahlen. Und alle Personalwahlen sind für die AfD nicht gut ausgegangen.“ Er kritisierte, dass die AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht gleichermaßen Ängste der Bürgerinnen und Bürger ausschlachteten. „Früher, als wir den Namen Partei des demokratischen Sozialismus in die Linke umgewandelt haben, hat Sahra Wagenknecht gesagt, man dürfe den Sozialismus niemals aufgeben, auch nicht im Namen“, sagte der Linken-Politiker. „Jetzt sagt sie, wir sind nicht links und nicht rechts. Damit holt sich das BSW einen Auftrag für Inhaltsleere.“

Die Bürgerinnen und Bürger waren zur Stimmabgabe bei der Europawahl aufgerufen.

Europawahl 2024 in Grafiken: Ergebnisse für Deutschland und die EU

Europa hat gewählt – und ein deutliches Zeichen gesetzt. In vielen Ländern punkten Parteien aus dem rechten Spektrum. Wie sehen die Ergebnisse in den EU-Ländern aus? Und wie in Deutschland? Hier sehen Sie die Daten für Länder, Bundesländer und Landkreise in Grafiken.

AfD bei Stichwahlen um Landratsämter ohne Erfolg

Die AfD errang bei der Europawahl in Thüringen 30,7 Prozent, gefolgt von der CDU mit 23,2 Prozent und dem Bündnis Sahra Wagenknecht mit 15 Prozent. Die SPD erzielte 8,2 und die Linke 5,7 Prozent. Die Grünen und die FDP lagen unter fünf Prozent. Würde man dieses Resultat zugrunde legen, könnten CDU, BSW und SPD nach der Landtagswahl eine Regierung bilden. Thüringens CDU-Chef Mario Voigt hat eine Koalition mit der AfD und der Linken mehrfach ausgeschlossen. Derzeit regiert in Erfurt eine Minderheitskoalition unter Ramelows Führung aus Linken, Sozialdemokraten und Grünen. Die drei Parteien sind von einer Mehrheit jedoch weiter entfernt denn je.

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Dafür gelang es der AfD beim zweiten Durchgang der Kommunalwahlen am Sonntag im Freistaat nicht, Landratsämter für sich zu gewinnen. Sie blieb bei sämtlichen Stichwahlen letztlich erfolglos.

SPD-Landesvorsitzender: „Ostdeutsche Themen in den Mittelpunkt rücken“

Der thüringische SPD-Landesvorsitzende und Innenminister Georg Maier sagte dem RND mit Blick auf die Europawahl: „Das Ergebnis ist enttäuschend. Wir haben wie alle etablierten Parteien in Thüringen an Zuspruch verloren.“ Er fuhr fort: „Meine Erwartungshaltung an die Ampelkoalition ist, ostdeutsche Themen in den Mittelpunkt zu rücken. Die soziale Schere zwischen Ost und West muss geschlossen werden. 15 Euro Mindestlohn, Erhöhung und Ausweitung der Grundrente und die Sicherstellung einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung müssen jetzt Priorität haben.“ Kanzler Olaf Scholz müsse daher „jetzt Führung zeigen und Christian Lindners Spardiktat auf Kosten der ostdeutschen Länder und Bürger beenden“.

Aktuell laufen in Berlin die Verhandlungen über den Bundeshaushalt 2025 auf Hochtouren. Finanzminister Christian Lindner (FDP) beharrt darauf, keine neuen Schulden zu machen und hat Scholz dabei auf seiner Seite. Allerdings gerät dieser in der eigenen Partei zunehmend unter Druck.



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