In einem Interview mit dem „ Kölner Stadt-Anzeiger “ äußert sich der Politikwissenschaftler Thomas Jäger zu den jüngsten Äußerungen Wladimir Putins und dessen Kommunikationsstrategie. Der russische Präsident stelle immer wieder Behauptungen auf, die in krassem Widerspruch zur beobachtbaren Realität stünden. So sei es „völlig absurd“, dass Putin die Unterdrückung abweichender Meinungen in Deutschland kritisiere, während in Russland Oppositionelle im Gefängnis sitzen oder gar sterben. Jäger betonte in dem Interview, dass solche Widersprüche die Kreml-Kommunikation „überhaupt nicht“ störten.

Putin will Krieg gegen Nato? Parallelen zum Ukraine-Krieg

Auch Putins Vorgehen vor dem Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 wurde thematisiert. Bis kurz vor Kriegsbeginn habe Putin bestritten, dass Russland eine Invasion plane. Auch in Bezug auf die „Volksrepubliken“ in der Ostukraine habe der russische Präsident zunächst verneint, eine Eingliederung dieser Gebiete anzustreben. Jäger über Putins Strategie: „Natürlich ist das völlig absurd, was er da sagt. Aber das stört die Kreml-Kommunikation überhaupt nicht. Es ist auch offensichtlich absurd, dass er bis zwei Tage vor dem Angriff im Februar 2022 gesagt hat, es gebe keine Absicht, die Ukraine anzugreifen.“ Jäger fügte hinzu, Putin habe damals sogar seinen Chef des Auslandsgeheimdienstes als Dummkopf dargestellt, nachdem dieser gesagt habe, Russland könne die Gebiete annektieren. Putin habe damals betont, dass dies nicht der Fall sei und die Vermutung als Lüge bezeichnet.

Das Muster der Falschaussagen setzt sich fort, wenn es um die Beziehungen zu den Nato-Staaten geht. „Jetzt hat Putin bestritten, dass Russland einen Konflikt mit den Nato-Staaten anstrebe – mit den gleichen Worten, mit denen er vor Kriegsbeginn bestritten hatte, dass Russland einen Angriff auf die Ukraine plane“, so Jäger im „Kölner Stadt-Anzeiger.

Putin ist Troll und Stratege

Auf die Frage, ob Putin als Troll oder Stratege zu sehen sei, antwortete der Politwissenschaftler, dass beides nicht unvereinbar sei. Er verwies auf den amerikanischen Ex-Präsidenten Donald Trump und dessen Verhalten, das einerseits trollig erscheine, gleichzeitig aber auch eine Strategie verfolge. Putin wende ähnliche Taktiken an, um „Unruhe zu stiften“ und bestimmte Narrative zu verbreiten. Diese würden sich dann in einem Echoraum festsetzen und von bestimmten Parteien in Deutschland aufgegriffen. „Das ist offensichtlich“, so Jäger.

Putin verfolge eine Doppelstrategie, sagte Jäger. Einerseits provoziere er mit offensichtlichen Unwahrheiten, andererseits fördere er gezielt die Verbreitung russischer Narrative in europäischen Staaten. Ziel dieser Taktik scheint es zu sein, politischen Einfluss zu gewinnen und Verbündete im Westen zu stärken.





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