Berlin. Wenn Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und CDU-Chef Friedrich Merz überhaupt eine Beziehung haben, dann eine komplizierte. Immerhin will der eine (Merz) da rein, wo der andere (Scholz) gerade ist. Und wie Scholz über Merz denkt, hat der Kanzler jüngst offenbart, als er auf die Frage, ob er mit Merz als Kanzlerkandidat der Union rechne, sagte: „Es wäre mir auch ganz recht.“ Merz dagegen fühlte sich in den vergangenen Monaten als Oppositionsführer nicht ausreichend von Scholz eingebunden oder gar respektiert.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Die Verhandlungen über einen überparteilichen Deutschlandpakt in der Migrationspolitik hatte der CDU-Chef säuerlich abgebrochen, weil Scholz sich seiner Ansicht nach nicht kooperativ genug zeigte. Das war im November. Aus dem Umfeld von Merz heißt es zwar, dass es seither immer mal wieder Kontakt gegeben habe. Das Verhältnis zwischen Regierungs- und Oppositionschef dürfte sich dennoch nicht verbessert haben.

Hauptstadt-Radar

Der RND-Newsletter aus dem Regierungsviertel. Immer dienstags, donnerstags und samstags.

Erst Telefonat, dann Treffen im Kanzleramt

In dieser Woche gab es immerhin zweimal Kontakt: Erst am Montag hatten beide nach der Tötung des Polizisten in Mannheim telefoniert, nun haben sie sich nach Informationen des RedaktionsNetzwerks Deutschlands (RND) am Freitag im Kanzleramt persönlich getroffen. Über die Inhalte des Gesprächs ist wenig bekannt – nur, dass es keinen konkreten Anlass gegeben haben und über die allgemeine Lage gesprochen worden sein soll.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Womöglich sollte auch gar nicht erst herausdringen, dass das Treffen überhaupt stattgefunden hat. Der CDU-Politiker Gunther Krichbaum hatte am Freitagmorgen in einer Rede im Bundestag ausgeplaudert, Merz sei „aktuell gerade im Kanzleramt“. Von entsprechenden Nachfragen von Journalisten war man dann im Umfeld des Oppositionsführers überrumpelt.

dpatopbilder - 06.06.2024, Berlin: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nimmt an der Sitzung des Bundestags mit der Regierungserklärung zur «aktuellen Sicherheitslage» teil. Foto: Kay Nietfeld/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

„Terrorismus will Angst und Schrecken“: Was der Kanzler zum Attentat von Mannheim sagt

In der Bundestagsdebatte über die Sicherheitslage kündigt Olaf Scholz härtere Strafen und Abschiebungen auch von Afghanen an, warnt aber auch vor dem Schüren von Ressentiments. CDU-Chef Friedrich Merz bietet der Regierung Kooperation an – und hält seine Fraktion auf Distanz zum Kanzler.

Bei der anderen Seite dürfte jedenfalls nicht gut ankommen, dass die Union die Öffentlichkeit erneut über das Treffen informiert hat. Indiskretion macht es umso schwieriger, vertraulich zu beraten und über Konkretes zu reden. Dabei war es eigentlich Merz, der der Bundesregierung diese Woche mehrmals die Zusammenarbeit im Kampf gegen Islamismus angeboten und eine „gemeinsame Kraftanstrengung der demokratischen Parteien“ angemahnt hat.

Messerattacke von Mannheim hat Migrationsdebatte ausgelöst

Die Messerattacke von Mannheim und der Tod eines Polizisten hat eine Debatte über Islamismus und Abschiebungen ausgelöst. Bundeskanzler Scholz will die Abschiebung von Schwerstkriminellen nach Afghanistan und Syrien wieder ermöglichen. Das Bundesinnenministerium arbeite an der praktischen Umsetzung und sei bereits mit den Nachbarländern Afghanistans im Gespräch, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag in seiner Regierungserklärung. Die Union pocht ebenfalls auf Abschiebungen in das Land. Mehrere unionsregierte Bundesländer hatten das Thema schon vor dem Mannheimer Attentat in der Innenministerkonferenz vorangetrieben. Während die Grünen noch skeptisch sind, gibt es in der SPD keine Hinweise auf Blockaden.

Weiterlesen nach der Anzeige

Weiterlesen nach der Anzeige

Selbst die Parteilinke ist auf Scholz-Kurs: „Wenn durch Vereinbarungen, die unterschiedliche Form haben können, verlässlich sichergestellt ist, dass weder Folter noch Todesstrafe drohen, halte ich in solchen Fällen eine Rückführung auch in die Staaten für möglich, in die ansonsten keine Abschiebungen erfolgen“, sagte etwa SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner, Vorsitzender des Afghanistan-Untersuchungsausschusses im Bundestag, dem RND. „Wer Gewaltkriminalität verübt, muss als verurteilter Straftäter wieder gehen statt oder nach Verbüßung der Strafe.“

Auch mit Blick auf die Europapolitik gibt es zwischen Scholz und Merz Redebedarf. Am Sonntag finden die Europawahlen statt und die CDU möchte ihrer Spitzenkandidatin Ursula von der Leyen eine zweite Amtszeit als EU-Kommissionspräsidenten verschaffen. Doch die Mehrheiten sind wackelig: Wenn von der Leyen auf Stimmen der ultrarechten Partei von Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni setzt, will die SPD sie im EU-Parlament wohl nicht mitwählen.



Source link www.kn-online.de