Geesthacht. Kurz vor Beginn der Fußball-Europameisterschaft ist das Thema Gesichtserkennung vielerorts brandaktuell. Vor allem die Polizeigewerkschaften fordern einen vermehrten Einsatz. Dabei geht es um die Abwehr von gewaltbereiten Hooligans oder gar um Terroristen – um schwere Straftaten also.

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Dass in einem Freibad – wie jetzt in Geesthacht – biometrische Daten von Badegästen überprüft werden, halten Schwimmbadleitungen und auch Datenschützer zum Teil für unverhältnismäßig. Die Nutzung von künstlicher Intelligenz wird aber als Verbesserung der Schwimmsicherheit wahrgenommen.

„Wir haben auch Probleme mit Störern. Es ist schwierig, sie zu identifizieren“, berichtet Büchens Bürgermeister Dennis Gabriel über das Waldschwimmbad der Gemeinde. Die Gesichtserkennung sei zwar eine Datenschutzfrage. Doch alles, was die Sicherheit erhöhe, sei aus seiner Sicht sinnvoll. „Wir haben bislang nicht vor, so etwas einzusetzen. Ich würde die Installation aber nicht ausschließen“, sagt Gabriel.

In Büchen kennt das Kassenpersonal die Pappenheimer

Angesichts der finanziellen Lage der Gemeinde sei das aber derzeit kein Thema. Es gebe im Waldschwimmbad keine Kassenautomaten. Jeder Besucher löse sein Ticket bei einem Mitarbeiter. „Die kennen ihre Pappenheimer. Und das funktioniert in der Regel genauso gut wie eine Gesichtserkennung“, erklärt Gabriel.

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Dennis Gabriel ist Bürgermeister der Gemeinde Büchen. Er würde den Einsatz des Systems nicht ausschließen.

Dennis Gabriel ist Bürgermeister der Gemeinde Büchen. Er würde den Einsatz des Systems nicht ausschließen.

Lübeck: Werkleiter sieht keinen Nutzen in der Erkennungssoftware

„Ich kenne das System – wir haben aber in den Lübecker Schwimmbädern nicht vor, so etwas einzusetzen“, sagt Björn Hoppe, Werkleiter der Lübecker Schwimmbäder. Tatsächlich gebe es in der Hansestadt eigentlich kaum Vorfälle, die man durch eine solche Gesichtserkennungssoftware verhindern könnte.

Er sei sich aber sicher, dass die Arbeit der Bademeister in naher Zukunft durch KI-gestützte Software erleichtert werde. So gebe es bereits Systeme, die helfen, Symptome des Ertrinkens frühzeitig zu erkennen.

Laut Marit Hansen, Datenschutzbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein, gebe es in Freibädern oftmals Kameras nach dem Prinzip eines verlängerten Auges – auch zum sofortigen Einschreiten, wenn jemand zu ertrinken drohe, erklärt die Informatikerin. Auch könnte beispielsweise ein Wachdienst in einer Zentrale verschiedene Monitore auswerten und im Fall eines Verstoßes gegen ein erteiltes Hausverbot ebenfalls einschreiten.

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Datenschutzbeauftragte: Biometrische Datenerfassung unverhältnismäßig

Da ihr zum Sachverhalt in Geesthacht bisher keine Informationen vorliegen, möchte sie aber betonen, dass möglicherweise gar keine biometrische Echtzeitüberwachung vorliege. Es könne auch um die Unterstützung eines Wachdienstes durch Kameras ohne automatisierte Analyse und ohne Speicherung der Aufnahmen gehen.

Dr. Marit Hansen ist Datenschutzbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein und studierte Diplom-Informatikerin.

Dr. Marit Hansen ist Datenschutzbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein und studierte Diplom-Informatikerin.

„Im Ergebnis spricht viel dafür, dass zum Zweck der Umsetzung des Hausverbots im Freibad eine biometrische Echtzeitüberwachung anhand von Gesichtsbildern nicht verhältnismäßig wäre“, erklärt Marit Hansen. Es wären mildere Mittel zu suchen, wie etwa eine Prüfung durch das Kassenpersonal am Eingang.

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„Das System konnte seine volle Funktion noch nicht entfalten“, sagt Valerie Beyer, Sprecherin des Freibades in Geesthacht, auf Anfrage nach ersten Ergebnissen. Es sei zu früh, eine Bilanz über den Nutzen der neuen Technik zu ziehen. Ende Juli wolle man sich dazu gern noch einmal äußern.

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Bundesweit hatte es in den vergangenen Jahren Gewalt in Schwimmbädern gegeben. Vielerorts wurden Sicherheitsdienste engagiert. Wenn die Kameratechnik mit Gesichtserkennung ab sofort im Geesthachter Freibad jemanden feststellt, für den Hausverbot ausgesprochen wurde, meldet das System den unerwünschten Gast.

LN



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