Lübeck. Die Studie nennt sich „SKL Glücksatlas“, und wie es der Titel schon andeutet – es geht um die Lebenszufriedenheit in Deutschland. Premiere feierte diese Untersuchung im Jahr 2011, und der Rekordmeister ist hier stets Schleswig-Holstein. „Das Ergebnis vom November 2023 hatten wir ebenfalls im Vorjahr, im Vorvorjahr und so weiter auch schon. Es ist einfach ,one and only’“, so kommentiert es Bernd Raffelhüschen. Der Professor für Finanzwissenschaft und Direktor des Forschungszentrums Generationenverträge an der Uni Freiburg hat bei der Studie stets die wissenschaftliche Leitung inne.

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Und während die neuesten Zahlen für das Bundesländer-Ranking wieder für den Winter erwartet werden, sind jetzt erstmals Ergebnisse für 40 Großstädte veröffentlicht worden – mit einer recht schlechten Platzierung für die Hansestadt. Eines vorab zur Einordnung: Nur 356 der 220.000 Lübeckerinnen und Lübecker wurden befragt. „Es ist jedoch von der Anzahl her die größte bekannte Studie über die Lebenszufriedenheit in deutschen Städten überhaupt“, erläutert Raffelhüschen. „Früher hatten wir insgesamt 3000 bis 4000 Befragte. Jetzt haben wir zusammen 25.557.“

Nur 6,62 Punkte und damit Platz 31 im Städteranking

„Aber in der Tat – warum Lübeck lediglich Platz 31 erreicht hat, habe ich mich auch gefragt“, sagt er. „Ich war völlig von den Socken, als ich das Ergebnis gesehen habe.“ Die zentrale Frage vom Institut für Demoskopie Allensbach war: „Wie zufrieden sind Sie zurzeit – alles in allem – mit ihrem Leben? Null Punkte = ganz und gar nicht zufrieden, bis zehn Punkte = völlig zufrieden“. Resultat: Mit 6,62 Punkten sind die Lübeckerinnen und Lübecker unterdurchschnittlich mit ihrem Leben zufrieden. Damit sind sie zum Beispiel 0,76 Punkte unzufriedener als Kassel auf Rang 1, aber auch rund 0,26 Punkte zufriedener als das letztplatzierte Rostock mit Rang 40.

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Prof. Bernd Raffelhüschen, gebürtig aus Niebüll, ist Direktor des Forschungszentrums Generationenverträge an der Uni Freiburg. Er hat bei der Studie die wissenschaftliche Leitung.

Prof. Bernd Raffelhüschen, gebürtig aus Niebüll, ist Direktor des Forschungszentrums Generationenverträge an der Uni Freiburg. Er hat bei der Studie die wissenschaftliche Leitung.

Die Nachbarn Hamburg und Kiel schneiden deutlich besser ab. So landet die Landeshauptstadt auf Platz vier, Hamburg ist Zwölfter. „Sie müssen in Lübeck Stadtteile haben, wo die Unzufriedenheit förmlich zu Hause ist. Denn es gibt keine Stadt in unserer Untersuchung, die einen höheren Anteil an Unzufriedenen hat als Lübeck“, erläutert der Absolvent der Uni Kiel. In Schleswig-Holstein sei insgesamt der Anteil der Unzufriedenen bei neun Prozent, in Lübeck bei über 15 Prozent. „Sie haben allerdings auch kaum Mittelmaß – entweder sind die Befragten voll unzufrieden oder hochzufrieden“, ergänzt der Professor.

Pendeldistanzen und Schulabbrecherquote hoch

Nach der Auswertung des Datenwustes nennt das Forscherteam um Raffelhüschen noch weitere Details: So sei ein Grund für das geringe Wohlbefinden auch das hohe Durchschnittsalter von 45,4 Jahren unter den Studienteilnehmern. Denn aus der Glücksforschung wisse man: „Je älter man ist, desto unzufriedener ist man mit dem eigenen Leben“, wird postuliert. Zum anderen sei es eine Mischung vieler Einzelfaktoren: „Die Gesundheitsversorgung ist unterdurchschnittlich, die Pendeldistanzen zum Arbeitsplatz und die Schulabbrecherquote sind hoch. Zudem ist Lübeck keine besonders reiche Stadt“, lauten die Erklärungsansätze.

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Außerdem wird eine Stärken- und Schwächen-Analyse geliefert. So ist Lübeck eine grüne und saubere Stadt. Wenige Flächen, die für den Straßenverkehr reserviert sind, und schnell zu erreichende Grünflächen zum Erholen in der Stadt lassen auf eine gute Umweltqualität schließen.

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Nur München gibt je Einwohner mehr Geld für Brücken, Straßen und Schulgebäude aus. Die Lübecker Stadtverwaltung ist mit 709 Euro je Einwohner somit die Stadt mit den zweithöchsten Investitionen.

Gibt es zu wenig Krankenhausbetten pro 1000 Einwohner?

Auf der Negativseite wird dagegen aufgeführt: Die Lübecker müssen lange Wege auf sich nehmen. Sie pendeln weit zu ihrem Arbeitsplatz, zum Teil nach Kiel oder Hamburg. Und 21,6 Prozent der Befragten gaben an, dass für sie die nächste Apotheke mehr als einen Kilometer entfernt ist. Und: In keiner anderen Stadt in dem Ranking gibt es so wenige Krankenhausbetten je 1000 Einwohner wie in Lübeck. Eine LN-Anfrage bei der Stadt, wie sie die Studie einordnet und ob sie daraus Rückschlüsse zieht, blieb unbeantwortet.

Für Bernd Raffelhüschen ist aber eines sonnenklar. Auch wenn er in Kiel an der dortigen Uni studiert, promoviert und habilitiert habe – „ich würde stets die Lübecker Altstadt zum Leben bevorzugen und mich dort immer wohlfühlen.“

LN



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