Norwegen, Irland und Spanien wollen Palästina als Staat anerkennen. Der seit Jahrzehnten umstrittene Status des Gebiets am Mittelmeer bildet einen Kern des Nahostkonflikts. Insofern ist die Anerkennung ein symbolisch bedeutsamer Schritt, dem möglicherweise weitere EU-Mitglieder folgen werden. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was ist Palästina?

Die historische Region Palästina ist viel größer als das jetzt darunter verstandene Gebiet. Dazu zählen neben dem heutigen Staat Israel, dem Westjordanland und dem Gazastreifen auch Teile Syriens, Libanons und Jordaniens. Nach Jahrhunderten unter verschiedensten Herrschern – unter anderem Israeliten, Babylonier, Perser, Griechen, Römer, Araber – wurde Palästina 1516 ins Osmanische Reich eingegliedert. Nach dem Ersten Weltkrieg erhielt Großbritannien es als Mandatsgebiet zugesprochen. Angesichts der jüdischen Einwanderungswelle, die sich durch den Holocaust verstärkte, und zunehmender Konflikte mit den Arabern gaben die Briten das Mandat nach dem Zweiten Weltkrieg zurück.

Die UN schlugen 1947 vor, das Gebiet in einen jüdischen und einen palästinensischen Staat zu teilen. Während die Juden den Plan annahmen, sahen sich die Araber übervorteilt und lehnten ab. Am 14. Mai 1948 erklärte sich Israel für unabhängig. Im folgenden Krieg eroberten die Israelis fast die Hälfte des Landes, das für den palästinensisch-arabischen Staat vorgesehen war, dazu. Seither kämpfen die Palästinenser um das Recht auf einen eigenen Staat.

Welchen rechtlichen Status hat Palästina?

Die palästinensische Befreiungsorganisation PLO erklärte 1988, nach Ausbruch des ersten Palästinenseraufstands (Intifada), die staatliche Unabhängigkeit Palästinas. Staatsgebiet sollte das von Israel seit 1967 besetzte Westjordanland und der Gazastreifen sein, mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt. Durch die 1993 mit Israel unterzeichneten Friedensverträge erzielten die Palästinenser eine Teilautonomie im Gazastreifen und im Westjordanland. Seit 2003 existiert eine Roadmap für den Weg zu einer Zweistaatenlösung mit einem Staat Palästina, der in Frieden mit Israel lebt. Mehr wurde bisher nicht erreicht, zumal sich die Palästinenser intern nicht einig sind. 2014 scheiterten die Friedensverhandlungen endgültig.

Bei den Vereinten Nationen hat Palästina einen Beobachterstatus, seit 2012 als “Nichtmitgliedstaat”, was als Vorstufe zur Vollmitgliedschaft gilt. Das von der Palästinensischen Autonomiebehörde verwaltete Gebilde nennt sich seither “Staat Palästina”. Ob es sich wirklich um einen Staat handelt, ist je nach Definition umstritten.

Wer erkennt Palästina an?

Eine deutliche Mehrheit der 193 UN-Staaten: neben Russland und China die meisten Staaten Asiens (ohne Japan), Afrikas und Südamerikas. In Europa sind es neben Island und Schweden vor allem mittel- und osteuropäische Staaten (die ihre Anerkennung vor 1989 aussprachen) sowie die meisten Balkanländer. Norwegen, Irland und Spanien wären die UN-Mitgliedstaaten 144, 145 und 146, die diesen Schritt vollziehen.

Warum ist Palästina kein UN-Mitglied?

Weil es Israel nicht will, und weil die USA, Israels wichtigster Verbündeter, es auch nicht wollen. Zur Anerkennung braucht es die Zustimmung von mindestens neun der 15 Mitglieder des UN-Sicherheitsrats. Entsprechende Anträge stoppt die Veto-Macht USA seit 2011, zuletzt Anfang Mai wieder. Die offizielle Sichtweise der USA ist, dass eine Anerkennung erst am Ende einer Lösung des Nahostkonflikts stehen kann. Ähnlich argumentieren Großbritannien und Frankreich. Allerdings gibt es Anzeichen für ein Umdenken in westlichen Staaten. Demnach könnte die Anerkennung eventuell schon früher kommen – als Hebel für eine Lösung.

Welche Haltung nimmt Deutschland ein?

Die Bundesregierung achtet traditionell stark auf die Interessen Israels. Ihrer Ansicht nach müssen vor der Anerkennung Palästinas direkte Verhandlungen der Konfliktparteien und ein Friedensplan stehen.



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