München – Schwarzes Adidas-Shirt, schwarze Shorts, dunkle Sonnenbrille – und eine dicke Zigarre in der Hand. So steht Hasan Ismaik auf dem Balkon irgendeines, vermutlich sehr luxuriösen Gebäudes. Mit einer nicht näher erkennbaren Bergkulisse Bayerns, das er als “das heilige Land” bezeichnet, fängt der Investor der Sechzger in einem am Dienstagmittag in den Sozialen Medien veröffentlichtem XXL-Video an, eine Geschichte zu erzählen.

100 Millionen für den TSV 1860: Das nächste Luftschloss von Hasan Ismaik?

Der Hauptgesellschafter des TSV 1860 erzählt, etwa 14 Minuten lang, eine Geschichte über die ganz persönlichen Träume, Ziele und Leiden eines (scheinbar) verkannten Liebhabers der Löwen. Eine Geschichte über unzählige Irrungen und Wirrungen in der Vereinshistorie des TSV 1860 der vergangenen 13 Jahre seit seinem Einstieg – und eine Geschichte über ein verlockendes Angebot über 100 Millionen Euro, bei dem sich wohl kaum ein Löwen-Fan nicht fragt: Meint er das ernst oder ist das nach seinem Stadion-Versprechen nur das nächste Luftschloss? Die AZ zeigt die wichtigsten Punkte von Ismaiks Video, über das noch viel zu sprechen, zu diskutieren und zu granteln sein wird im weiß-blauen Kosmos:

Die Anfänge und Versäumnisse von Hasan Ismaik

Der 46-Jährige erzählt eingangs von seinem ersten “direkten Kontakt mit den Löwen” im April 2011: “Ich wurde in die Allianz Arena eingeladen, eines der populärsten Stadien der Welt”. Ismaik sei stolz gewesen, ein 4:0 des TSV gegen Energie Cottbus zu sehen. Die Fans seien “glücklich” gewesen, zudem sei Ismaik von den damaligen Vereinsvertretern “wertschätzend behandelt” worden.

Es folgt der springende Punkt: “Leider hatte ich die Verträge nicht richtig gelesen. Weil 1860 in Not war und ich sofort helfen musste, vor allem weil ich den Verein liebte, es ging schließlich auch um viele Arbeitsplätze und das Leid der Fans.” Positiv zu bewerten ist, dass Ismaik im Gegensatz zu vielen früheren Äußerungen etwas Selbstkritik zeigt: “Und so wurde ich Investor und Partner bei 1860 München ohne zu wissen, dass die 50 + 1 Regel alles außer Kraft setzt und die Mitglieder indirekt Einfluss auf das Unternehmen nehmen”. Einen Kardinalfehler hat sich der Millionär allerdings selbst zuzuschreiben: Sein folgender, jahrelanger Kampf gegen 50+1 hat Akzeptanz und anfängliche Sympathiepunkte im Lager der Löwen nach und nach deutlich geschwächt und die Zahl seiner Widersacher vervielfacht.

Die Ideologie der Hardliner

Ismaik verurteilt die Organisation “Pro1860”, die Sechzigs Gremien dominiert: “Es gebe bei 1860 “Ideologen”, für die “der Fußball keine große Rolle” spiele. Namentlich nannte er Präsident Robert Reisinger und Verwaltungsrat Nicolai Walch. “Dazu zähle ich auch die Experten von Pro1860, die sich für ihre Satzungsänderung über all die Jahre feiern lassen. Das ist eine Schande”, so Ismaik weiter.

Nicht von der Hand zu weisen ist, dass die Hardliner Sechzigs teils umstrittene Satzung (etwa die Tatsache, dass der Verwaltungsrat einen einzigen Präsidentschaftskandidaten vorschlägt) nach und nach verändert haben, allerdings stets bestätigt durch das Votum der (vereinspolitisch aktiven) Mitglieder. Die vielzitierte “schweigende Mehrheit” hat dagegen mehrheitlich genau das getan – sie hat geschwiegen.

Der Neuanfang mit “neutralen Kandidaten”

Kaum verwunderlich: Ismaik wirbt für einen Umsturz. Geschickt verpackt fordert er, Personen zu wählen, “die 1860 besser machen wollen. Egal ob Bündnis oder neutrale Kandidaten, alle sind willkommen”. Kurios: Ismaik kündigt sein eigenes Erscheinen bei der Mitgliederversammlung (am 16. Juni im Zenith) an, was ein absolutes Novum wäre.

Ob er tatsächlich anreisen und wie erwähnt selbst abstimmen wird, ist fraglich: Der Finanzier glänzte nach Versprechungen in der Vergangenheit öfter mit Abwesenheit – und über seinen Status als stimmberechtigtes Mitglied ist nichts bekannt.

Das (unmoralische?) 100-Millionen-Angebot für den TSV 1860

Ismaik stellt im Falle eines Umsturzes eine astronomische Summe in Aussicht: “Ich bin bereit für ein Investment in Höhe von 100 Millionen Euro, damit wir 1860 München wieder groß machen. Nur es muss sich etwas ändern.” In den gespaltenen Fan-Lagern erntet Ismaik, der immer noch von einem Derby gegen den FC Bayern auf Augenhöhe träume, damit geteilte Reaktionen: Manche Löwen-Fans geraten ob dieser Zukunftsaussicht ins Schwärmen, andere verurteilen seine Worte als billigen Wahlkampf.

Ob seine Geschichten für neue Kräfteverhältnisse bei 1860 sorgen?





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